R. Günthart: Von den vier Ketzern

Cover
Titel
Von den vier Ketzern. Ein erdocht falsch history etlicher Prediger münch und Die war History von den vier ketzer prediger ordens


Herausgeber
Günthart, Romy
Reihe
Schweizer Texte. Neue Folge, 29
Erschienen
Zürich 2009: Chronos Verlag
Anzahl Seiten
204 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Klaus Oschema, Abt. für mittelalterliche Geschichte, Universität Bern

Dem Berner Publikum vom Jetzerhandel zu erzählen, mag heissen, Kiesel in die Aare zu tragen: Die Vorgänge rund um den Berner Dominikanerkonvent und den Laienbruder Hans Jetzer in den Jahren 1507 bis 1509 fanden nicht nur in die Chronik des Valerius Anshelm Eingang, sondern sorgten in weiten Teilen Europas für Furore. Ging es in der Sache auch um eine recht katholische Frage, so boten die betrügerischen Machenschaften einiger Berner Dominikaner rund um den Prior Johannes Vatter doch auch dem späteren protestantischen Lager Material zur moralisierenden Deutung: Nach Jetzers Aufnahme in den Konvent erschienen ihm der Geist eines verstorbenen Priesters, die Jungfrau Maria und weitere Heilige. Inszeniert waren diese Auftritte, die von einer weinenden Marienstatue, aber auch der Stigmatisierung Jetzers begleitet wurden, von vier Dominikanern, die sich damit im Sinne ihres Ordens gegen die sich in jener Zeit durchsetzende Lehre wandten, Maria sei frei vom Makel der Erbsünde empfangen worden. Die Untersuchung am bischöflichen Gericht in Lausanne und ein späterer Prozess unter Beteiligung eines päpstlichen Nuntius gipfelten in der Verbrennung des Priors und seiner drei Komplizen an der Schwellenmatte; Jetzer selbst wurde verbannt. Mit dem Ende des Prozesses kam die literarische Rezeption in Gang, die bis in das 18. Jahrhundert anhielt. Pünktlich zum 500. Jubiläum der Hinrichtung legt Romy Günthart nun eine Edition zweier früher Prosatexte zu den Ereignissen vor, die schon 1509 und um die Wende zum Jahr 1510 in deutscher Sprache in Basel bzw. Strassburg gedruckt wurden. Versehen mit einer knappen, aber instruktiven Einleitung bietet der Band einen Überblick zu den zentralen Streitfragen des Jetzerhandels und zur literarischen Rezeption des Geschehens. Dem Text der «Falsche[n] History», der sich aus vier Teilen unterschiedlicher Autorschaft zusammensetzt, sind die teilweise von Urs Graf hergestellten Holzschnitte beigegeben, die den Druck von 1509 schmückten. Eine konzise Bibliografie ermöglicht die vertiefte Beschäftigung mit dem Gegenstand (die Chronik Anshelms wird nicht in der Edition von E. Blösch angeführt; auch hätte zur Berner Historiografie ein Hinweis auf die Beiträge von U. Zahnd stehen können). Ein Register fehlt bedauerlicherweise.

Zitierweise:
Klaus Oschema: Rezension zu: Günthart, Romy (Hrsg.): Von den vier Ketzern. «Ein erdocht falsch history etlicher Prediger münch» und «Die war History von den vier ketzer prediger ordens». Edition und Kommentar. Zürich: Chronos 2009 (Schweizer Texte. Neue Folge, 29). Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 72, Nr. 4, Bern 2010, S. 51-52.

Redaktion
Veröffentlicht am
11.04.2011
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Die Rezension ist hervorgegangen aus der Kooperation mit infoclio.ch (Redaktionelle Betreuung: Eliane Kurmann und Philippe Rogger). http://www.infoclio.ch/
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