W. Reinhard (Hrsg.): Geschichte der Welt. 1350−1750

Cover
Titel
Geschichte der Welt. 1350−1750. Weltreiche und Weltmeere


Herausgeber
Reinhard, Wolfgang
Reihe
Geschichte der Welt 3
Erschienen
München 2014: C.H. Beck Verlag
Anzahl Seiten
1008 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Richard Albrecht, Bonn

Seit Ende Oktober 2014 ist die siebenbändige (Beckʼsche Buch-) Geschichte der Welt abgeschlossen: Weltreiche und Weltmeere ist der dritte, die vier Jahrzehnte von 1350 bis 1750 umspannende, Band. Er ist mit 1.672 Gramm nicht nur gewichtig. Sondern auch das respektable Ergebnis geistiger Arbeit und publizistischen Engagements von, den Hg. eingeschlossen, sechs akademischen Autor(inn)en. Er schließt an die bereits erschienenen Reihenbände zwei und drei, Agraische und nomadische Herausforderungen 600−1350 und Wege zur modernen Welt 1750−1870, an.

Das Buch ist formal gelungen und auch benutzerfreundlich mit seinen hilfreichen Anhängen wie Anmerkungen, Bibliographie, Abbildungsnachweis und Personen-, Orts- und Sachregistern sowie den beiden Lesezeichen für Text und Anmerkungen. Der etwa 40seitigen problemorientierten Hg.-Einleitung «Weltreiche, Weltmeere − und der Rest der Welt» folgen ausgreifende, wenn auch nicht unbedingt aufeinander abgestimmte und auf Vor- und Folgegeschichte bezogene, Beiträge zu den geschichtlichen Weltregionen «Kontinentaleurasien», zum «Osmanischen Reich» und zur «islamischen Welt», zu «Südostasien und der indische Ozean», «Südostasien und Ozeanien» und als Schlußkapitel «Europa und die atlantische Welt», in dem der Hg. atlantisches Afrika, lateinisches Europa und neue atlantische Welten mit dem Atlantik als «eine Art Binnenmeer zwischen dem alten Europa und ‹den neuen Europas› sowie dem gemeinsamen Handelspartner Westafrika» beschreibend aufreiht. Hier liegt die Kardinalstärke des Sammelbandes: fehlender Eurozentrismus.

Die zweite Besonderheit des Bandes ist die generalglobalistische Sicht, grad so als sei (Welt-) Geschichte zielgerichtet finalisiert auf die One World Mitte der Zehnerjahre des 21. Jahrhunderts. Diesem Eindruck entspricht die (post)moderne Begrifflichkeit. So gibt es beispielsweise weder global verstandene Geschichte von Produktivkräften noch – zugegeben: hierarchisierende – auf Weltreiche bezogene Zentrum-Peripherie-Beziehungen; dafür (in der Hg.-Einleitung) sozialpsychologische Konstrukte wie Kommunikation, Interaktion, Kontaktzonen und Kontaktgruppen als ex-post-Anwendungen auf die Weltgeschichte der Jahre 1350−1750.

Dem postmodern(isch)en Verständnis von historischer Weltentwicklung dieser vergangenen vier Jahrhunderte vor ihren Wegen in die Modernität nach 1750 entspricht das knapp 150 Seiten lange Kapitel zum Osmanischen Reich und zum Islam. Hier ließen sich bis auf die mikrostrukturelle Eben der Einzelheiten, etwa am Beispiel des mittelmeerig-insularen Malta mit seinem «betont katholischen Johanniterorden» und der doppelten Erwähnung der gescheiterten reichsosmanischen Eroberung der Insel 1665 (wohl der konzeptionellen Anlage geschuldete) Selektivitäten problematisieren und en détail nachweisen.

Es wäre unzulässig, sowohl die allgemeine Begrifflichkeit als auch das pars pro toto-Beispiel zu verallgemeinern. Aberʼn Gʼschmäckle bleibt schon: Diese Form von Weltgeschichtschreibung oder Universalhistoriographie konnte mich, bei allem Respekt vor wissenschaftlicher Mühe, Arbeit und Leistung, begriffsanalytisch nicht überzeugen; wobei der Leitansatz nicht per se ideologisch ist – sich jedoch hervorragend einpassen läßt in die Zeitgeistigkeit des gegenwärtigen Jahrhunderts mit der, politisch vorgegebenen, dominanten Eine-Welt-Ideologie.

Zitierweise:
Richard Albrecht: Rezension zu: Wolfgang Reinhard (Hg.), Geschichte der Welt. 1350−1750. Weltreiche und Weltmeere (= Geschichte der Welt 3), München, C.H. Beck, 2014,. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Religions und Kulturgeschichte, Vol. 109, 2015, S. 492-493.

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