Die Broschüre von Anton Christen setzt mit der Familie Adam von Utzenstorf eine Vertreterin der dörflichen Unter- und Mittelschicht im Emmental ins Zentrum. Es ist nicht eine klassische genealogische Studie. Zwar kommt auch diese Familiengeschichte – oder Sippengeschichte, wie der Autor sie nennt – nicht ohne Tabellen und Listen aus, die als Grundlage für Ahnenlisten dienen können. Eine solche wird aber nur für eine Probandin geliefert. Ansonsten konzentriert sich der Band auf die Analyse der gewonnenen biographischen Eckdaten – wobei diese in Beziehung zur demographischen Entwicklung in der Heimatgemeinde der Familie und im Kanton Bern gesetzt werden –, auf die Beschreibung der wirtschaftlichen Situation der Familie und vor allem auf sieben Kurzbiographien. Die letzteren beschreiben auf ein bis sieben Seiten Einzelschicksale von Abkömmlingen der Familie Adam vom späten 17. bis zum 19. Jahrhundert. Dabei ist zu lesen von Geldsorgen, Geltstagen, unehelichen Kindern – etwa dem 1820 geborenen Friedrich Adam, dessen Vater durch die Familie hartnäckig vertuscht wurde, um den Landarzt nicht in Verruf zu bringen – und Waisen, welche fremdplatziert oder in Heime abgeschoben wurden. Auch das Schicksal eines Auswanderers in die USA wird beschrieben.

Während die demographische Analyse der Familiengeschichte nicht restlos überzeugt, da der Mehrwert des Vergleichs mit den dörflichen und kantonalen Vergleichsdaten vage bleibt, bieten die kurzweilig geschriebenen und gut erklärten Einzelbiographien einen schönen Einblick in die Sorgen und Nöte der Familie Adam. Damit entsteht ein facettenreiches Porträt einer durchschnittlichen Familie vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, das interessante und berührende Einblicke in die dörfliche Lebenswelt dieser Zeit zu vermitteln vermag.

Zitierweise:
Peter Lehmann: Rezension zu: Christen, Anton: Adam von Utzenstorf. Eine Emmentaler Verwandtschaft. Zug: A-Punkt CH 2009. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 74 Nr. 3, 2012, S. 61.