T. Bhattacharya-Stettler u.a.: Marguerite Frey-Surbek & Victor Surbek

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Titel
Marguerite Frey-Surbek & Victor Surbek. Als Künstler sind wir nicht verheiratet


Autor(en)
Bhattacharya-Stettler, Therese; Biffiger, Steffan
Erschienen
Zürich 2018: Scheidegger & Spiess
Anzahl Seiten
208 S.
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von
Andrea Arnold

«Als Künstler sind wir nicht verheiratet» – Das Zitat im Titel des Buchs bezeichnet den Wunsch des Ehepaars Surbek, im beruflichen Bereich als eigenständige, voneinander unabhängige Künstlerpersönlichkeiten wahrgenommen zu werden. Diesem Anliegen tragen die beiden Autoren Therese Bhattacharya-Stettler und Steffan Biffiger Rechnung, indem sie in der vorgelegten Doppelmonografie jeweils einen der beiden Künstler getrennt vom anderen in den Blick nehmen.

Die Kunsthistorikerin Therese Bhattacharya-Stettler befasst sich im ersten Hauptteil des Buchs mit dem künstlerischen Werk von Marguerite Frey-Surbek (1886 – 1981). Einleitend beschreibt sie die Kindheit und Schulzeit, die Marguerite in Delsberg und Bern verbracht hatte, und ihre Anfänge als Künstlerin. Als prägend erwies sich der Kontakt zu Paul Klee (1879 –1940), der die Schülerin in den Jahren von 1904 bis 1906 einmal in der Woche im Zeichnen unterrichtete und ihr empfahl, ihre Studien in Paris fortzusetzen. In Paris fand sie in Lucien Simon (1861 – 1945) einen Lehrer, der einen offenen Unterrichtsstil pflegte und sie dabei unterstützte, zu einer eigenständigen Bildsprache zu finden.

Auf die biografischen Ausführungen folgt die kunsthistorische Analyse des Gesamtwerks von Marguerite Frey-Surbek. Diese ist einerseits nach den klassischen Genres Porträt, Stillleben und Landschaftsmalerei gegliedert und andererseits nach den Techniken Wandmalerei, Zeichnung und Druckgrafik. Darüber hinaus arbeitet die Autorin auch motivische Vorlieben der Künstlerin heraus und widmet den vielen überlieferten Terrassen- und Gartenszenen, den Interieurs und Ausblicken aus dem Fenster je ein eigenes Kapitel. Anhand von zahlreichen Werkbetrachtungen, die sie jeweils in ihren grösseren kunsthistorischen Kontext einbettet, führt die Autorin kenntnisreich durch das Werk.

In stilistischer Hinsicht tritt dabei Frey-Surbeks besonderes Interesse für das Malerische hervor, das sich im Spiel mit Farbkontrasten und den Wechselwirkungen des Lichts äussert. Resümierend würdigt Bhattacharya-Stettler auch die starke Persönlichkeit der Künstlerin, die in der damals von Männern dominierten Kunstwelt selbstbewusst auftrat und unbeirrt ihren Weg ging.

Analog zum ersten Buchteil strukturiert der Kunsthistoriker Steffan Biffiger seine Übersicht über Victor Surbeks (1885 – 1975) Schaffen in die Bereiche Ausbildung und erste Erfolge, Bildthemen (Figurenbilder, Landschaften, Stillleben) und Techniken (Wandmalerei, Zeichnung, Aquarell, Druckgrafik) und ein abschliessendes Fazit zu Surbeks Haltung als Künstler. Victor Surbek absolvierte eine klassische Ausbildung zum Maler an den Kunstgewerbeschulen in München und in Karlsruhe. In den Jahren zwischen 1909 und 1912 folgten mehrere Reisen nach Paris, wo Surbek seine spätere Frau Marguerite kennen lernen sollte. Der wiederholte Aufenthalt in der französischen Metropole hinterliess auch Spuren in Surbeks künstlerischer Auffassung, wie der Künstler in seinen «Erinnerungen und Betrachtungen» festhält. Während sein frühes Werk noch unverkennbar von seiner Verehrung für Ferdinand Hodler (1853 – 1918) zeugt und das Lineare und Gegenständliche betont, findet er in Paris zu einem neuen Verständnis von der Farbe als Gestaltungselement. Das überaus umfangreiche künstlerische Werk von Victor Surbek in seiner Gesamtheit zu erfassen, ist kein leichtes Unterfangen. Dem Autor gelingt es, die unterschiedlichen Facetten von Surbeks Wirken und die Vielfalt der stilistischen Gestaltungsmittel, deren er sich bediente, anhand ausgesuchter Werke aufzuzeigen.

Ein besonderes Gewicht erhält das Kapitel zur Wandmalerei, dem der Autor ein chronologisch geordnetes und kommentiertes Gesamtverzeichnis der Wandmalereien beifügt, wobei der Begriff der «Wandmalerei» hier sehr weit gefasst erscheint und auch Schulwandbilder und nach Surbeks Entwürfen ausgeführte Wandteppiche mit einschliesst. Obwohl diese Zugabe im Gesamtkonzept des Buchs etwas aus dem Rahmen fällt und womöglich auch als Anhang funktioniert hätte, ist sie übersichtlich und in ihrer Vollständigkeit durchaus nützlich.

Der letzte Teil der Publikation beinhaltet ein kurzes Kapitel zu der vom Ehepaar Surbek gegründeten Malschule an der Gerechtigkeitsgasse in Bern (1915 – 1931), eine Übersicht zu den Schenkungen an die Kunstmuseen in Bern, Thun und die Stiftung Schloss Spiez sowie zwei tabellarische Biografien.

Nach dem 2014 erschienenen Buch zum Künstlerpaar Surbek-Frey des Journalisten Markus Schneider, der die gemeinsame Biografie der Surbeks ins Zentrum stellte, liegt nun die bislang ausstehende Würdigung aus kunsthistorischer Sicht vor. Die Autoren haben eine sorgfältig recherchierte, leicht zu lesende Doppelmonografie erarbeitet, die ein Fachpublikum ebenso anzusprechen vermag wie kunstinteressierte Laien. Mit mehr als 200 farbigen Werkabbildungen und zahlreichen Schwarz-Weiss-Fotografien, die uns ins Atelier der Surbeks blicken lassen, ist das Buch auch optisch sehr gelungen.

Zitierweise:
Andrea Arnold: Rezension zu: Bhattacharya-Stettler, Therese; Biffiger, Steffan: Marguerite Frey-Surbek & Victor Surbek. «Als Künstler sind wir nicht verheiratet». Zürich: Scheidegger & Spiess 2018. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 82 Nr. 4, 2020, S. 46-47.

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Veröffentlicht am
20.08.2021
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