Cover
Titel
War der Ofen schuld?. Kabinettstücke aus der Schweizer Kulturgeschichte


Herausgeber
Kopp, Peter F.
Erschienen
Zürich 2014: Chronos Verlag
Anzahl Seiten
392 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Ernst Tremp, Mediaevistisches Institut, Universitaet Freiburg

Der enigmatische Obertitel erklärt sich durch den gleichnamigen Titel des ersten Aufsatzes in diesem Sammelband, der elf Beiträge zur Schweizer Kulturgeschichte enthält. Fünf von ihnen wurden bereits früher publiziert und sind für die Neuausgabe überarbeitet und erweitert worden. Die thematische und zeitliche Spannweite der Abhandlungen ist sehr gross und zeugt von den vielseitigen Interessen und ausserordentlich breiten Fachkenntnissen des Autors. Zugleich ist sie als Alterswerk des 1938 geborenen Kulturhistorikers eine Art Summe seines Forschens. Dass sie die Frucht langjähriger Beschäftigung ist, zeigt sich schon daran, dass mehrere der Aufsätze seit längerem verstorbenen Fachkollegen gewidmet sind.

Zu den Studien im Einzelnen: War der Ofen schuld? (S. 7–54) ist eigentlich ein Essay zum Gang der Stadtgeschichte von der Antike bis ins Spätmittelalter, wobei sie unter dem speziellen Aspekt der städtischen Autonomiebewegung beleuchtet wird, der geographische Schwerpunkt in der Eidgenossenschaft liegt und die Stellung der Frau in diesem Prozess besonders hervorgehoben wird. – Thurgauer Leinen für den Konstanzer Fernhandel (S. 55–116) zeigt kenntnisreich den Zusammenhang zwischen der Leinenproduktion im Konstanzer Hinterland, dem Tuchhandel sowie der städtischen Tuchherstellung und ihrer bildlichen Darstellung in den Fresken des Hauses zur Kunkel. Ein Exkurs von Peter Bretscher (S. 74–96) liefert dazu sachkundige Erläuterungen. – Versuch über die lenkbare Wagenachse (S. 117–140) zeichnet mit Hilfe von Bildmaterial diese technikgeschichtlich wichtige Erfindung nach. – Der Mord an den unschuldigen Kindlein von Solothurn (S. 141–156) untersucht anhand von aufgefundenen Gebeinen der angeblich beiden letzten Zähringerkinder die Entstehung dieser Legende in der spätmittelalterlichen Chronistik und teilt als Lösung des Rätsels die Datierung eines der Knöchelchen auf 1544 mit. – Herrenloses Solothurn (S. 157–184) unternimmt in grossen Schritten einen Gang durch die Solothurner Geschichte bis 1800, behandelt die naturräumlichen Gegebenheiten, die Entstehung der Zunftverfassung, die Territorialbildung und das Nebeneinander von Stadtrepublik und monarchischer Residenz. Residenzstadt ist Solothurn seit 1530 durch die Gesandten des Königs von Frankreich mit ihrer fürstlichen Hofhaltung. – Xaver Zeltner. Ein viel besungener Landvogt und revolutionärer Dramenheld (S. 185–227) bietet ein fesselndes biographisches Porträt dieses schillernden Politikers (1764–1835) des ausgehenden Ancien Régimes und der Revolutionszeit, der als Landvogt in Lugano wirkte und an der Consulta in Paris teilnahm. – Ein Auswandererschicksal (S. 229–243) befasst sich in mikrohistorischer Manier mit dem wechselvollen Leben der Familie Meinrad Weber aus Arth, die ins Freiburgische auswanderte und deren Nachkommen in Brasilien eine neue Heimat fanden. – Eine tapfere Witwe gründet eine Weltfirma (S. 245–264) skizziert die Anfänge und den Aufstieg der Destillerie Felchlin in Schwyz. – Vom Kaisern und Jassen. Spielkartenland Schweiz (S. 265–302) und Die enthüllte Wahrheit des Tarock/Tarot (S. 303–314) befassen sich mit der Geschichte der Spielkarten seit ihren mittelalterlichen Anfängen und zeigen den Verfasser als ausgewiesenen Kenner auf diesem Spezialgebiet der Kulturgeschichte. – «… denn es ist kein Land wie dieses». Die Schweiz als voreisenbahnliches Reiseziel (S. 315–347) beruht auf zwei verschiedenen Vorarbeiten über das Reisen in der alten Schweiz und über die Erforschung der Alpen. In anregender Mischung werden Berichte und Beobachtungen von den Humanisten bis Mendelssohn Bartholdy, von Machiavelli bis Rousseau und Haller zusammengetragen. – Die Basler Fasnacht, ein verfremdetes Sechseläuten (S. 357) ist eine Causerie über die Wiederbelebung der beiden Bräuche im 19. Jahrhundert und ihre heutige Gestalt.

Der lesenswerte Band schliesst mit einer Bibliographie des Autors. Man vermisst allerdings ein Namenregister, das angesichts der heterogenen Beiträge des Aufsatzbandes hilfreich wäre.

Zitierweise:
Ernst Tremp: Rezension zu: Peter F. Kopp, War der Ofen schuld? Kabinettstücke aus der Schweizer Kulturgeschichte, Zürich: Chronos 2014. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte Vol. 66 Nr. 3, 2016, S. 452-453.

Redaktion
Autor(en)
Beiträger
Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte Vol. 66 Nr. 3, 2016, S. 452-453.

Weitere Informationen
Klassifikation
Region(en)
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit