K. Aerni u.a.: Ulrich Ruffiner von Prismell und Raron.

Titel
Der bedeutendste Baumeister im Wallis des 16. Jahrhunderts. Ulrich Ruffiner de Prismell et Rarogne. Le plus important architecte et ingénieur du XVIe siècle en Valais.


Autor(en)
Klaus, Aerni; Cassina, Gaëtan; Kalbermatter, Philipp; Ronco, Elena; Zenhäusern, Gregor; Nanzer, Anton
Reihe
Beihefte zu Vallesia / Cahiers de Vallesia, 20
Erschienen
Sion 2009: Archives de l'Etat du Valais / Staatsarchiv Wallis
Anzahl Seiten
304 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Werlen Iwar

Die Burgkirche von Raron mit Rilkes Grab und die alte Chi-Brücke bei Stalden gehören zu den eindrücklichen Bauten der Spätgotik des Oberwallis. Erbaut wurden beide von Ulrich Ruffiner von Prismell und Raron (um 1480 bis 1549), dem der vorliegende Sammelband gilt. Anlass dazu gab, so Philipp Kalbermatter und Gregor Zenhäusern in der Einleitung, das 500-Jahre-Jubiläum des Schiedsspruchs von Bischof Matthäus Schiner, dem späteren Kardinal, für den Bau der Rarner Kirche vom 17. August 1505. Die Autoren nehmen dieses Datum zum Anlass, jenes Architekten zu gedenken, der «in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der Walliser Architektur ihren unverwechselbaren Stempel aufgedrückt habe» (S. 7). Das Ziel der Publikation besteht in einer Sammlung der Grundlagen zu den Arbeiten Ruffiners, nicht in einer vollständigen Biographie. Ruffiners Werk ist bisher vor allem aus kunsthistorischer Sicht dargestellt worden; der vorliegende Band ist die erste vollständige Bestandesaufnahme von Ruffiners Tätigkeit. Die erste Auflage erschien 2005; sie enthält den Beitrag von Anton Nanzer noch nicht, der in der hier besprochenen zweiten Auflage das dritte Kapitel bildet.

Nach der Einleitung enthält der Band einen Beitrag von Elena Ronco zur Herkunft der Ruffiner, die zu den Prismeller Baumeistern gehören. Prismell oder Presmell – italienisch Pietro Gemelle – wird eine von Walsern besiedelte Region mit den heutigen Dörfern Alagna und Riva im Val Sesia genannt. Die Ruffiner stammten aus dem Weiler Rufina «Rüfe», von dem sie auch den Namen haben. Allerdings kann Ronco nichts zu Ulrich Ruffiner direkt berichten – es ist unklar, wann er geboren wurde und wo er seine Ausbildung bekam. Philipp Kalbermatter und Gregor Zenhäusern geben eine biographische Skizze von Ruffiner auf der Grundlage der schriftlichen Quellen, die in der sehr verdienstvollen Quellensammlung gesammelt und – zum Teil erstmals – ediert sind. An die Biographie schliesst sich ein umfangreiches Werkverzeichnis an, das alle Bauten erfasst, die sicher von Ruffiner stammen oder ihm zugeschrieben werden. Von den 37 aufgeführten Bauten gibt es für 23 schriftliche Beweise für seine Bautätigkeit, für die andern gelten stilistische Überlegungen, die allerdings teilweise fragwürdig sind. Nur drei Bauten befinden sich ausserhalb des Wallis, davon zwei in Freiburg, darunter die Bernbrücke. Das Verzeichnis gibt Ort und Objekt sowie die Art der Arbeit Ruffiners an; weiter werden Quellen und die Literatur zum Bauwerk gegeben und ein kurzer Text ordnet das Bauwerk historisch ein. Soweit möglich, werden auch bildliche Darstellungen beigefügt. Ein französischer Text, ursprünglich von Anton Nanzer auf Deutsch verfasst, von Jean Torrent übersetzt und von Gaëtan Cassina überarbeitet, gibt dann wiederum biographische Daten und einen Catalogue, der die gleichen Bauwerke enthält wie das deutsche Werkverzeichnis, aber einen knapperen Text und teilweise andere Illustrationen (die nicht nummeriert sind); leider wird nirgends erläutert, warum dieser Text in die zweite Auflage aufgenommen wurde. Die anderen Texte des Bandes nehmen keinen Bezug auf dieses neu eingeführte Kapitel.

Mit den Strassen und Brücken Ruffiners befasst sich ausführlicher Klaus Aerni, der die Bauwerke in eine Gesamtdarstellung der Walliser Wege und Strassen im 16. Jahrhundert einbettet. Besonderes Gewicht wird auf das letztlich gescheiterte Projekt einer Strasse über den Lötschberg von 1519/20 gelegt. Aerni gibt einen Überblick über die Geschichte des Lötschbergs, situiert das Projekt in der Politik Schiners und Berns und geht auch auf das spätere Projekt von Ulrich Thormann und Abraham von Graffenried von 1696/97 ein. Auch die Strassenreparaturen, die Ruffiner später in Evionnaz durchführte, werden von Aerni in den Kontext der politischen Geschichte gestellt – es geht dabei unter anderem um die Teilung des Chablais zwischen Bern und Wallis von 1536. Aerni charakterisiert Ruffiner am Ende seines Beitrags als «Erneuerer des Verkehrsnetzes im Wallis» (S. 190). Aus kunsthistorischer Sicht untersucht Gaëtan Cassina Ruffiners Bauten, identifiziert sein Werkzeichen und dessen Variationen und sammelt weitere Hinweise auf Ruffiners Bautätigkeit, basierend auf Walter Ruppens Forschungen zur Kirche von Raron. Cassina sieht in Ruffiner einen umtriebigen Unternehmer, dessen Werk in einer noch zu schreibenden Biographie ausführlicher gewürdigt werden sollte. Im Anhang zu seinem Beitrag gibt Cassina ein Manuskript mit Zeichnungen wieder, die der Basler Emil Wick zwischen 1864 und 1867 von verschiedenen Bauten Ruffiners angefertigt hatte, ohne jedoch den Baumeister selbst identifiziert zu haben.

Der Sammelband erschliesst mit der Quellensammlung und den beiden Werkverzeichnissen Ruffiners Leben und Werk. Für Berner Leserinnen und Leser besonders hervorzuheben ist der Beitrag von Klaus Aerni, der Ruffiners Tätigkeit in den Kontext der zeitgenössischen politischen Situation einschliesst und dabei auch die Rolle Berns betont; zugleich berücksichtigt er mit den Strassen- und Brückenbauten ein bislang weitgehend unerforschtes Gebiet. Der Versuch, den Band mehrsprachig zu gestalten, ist leider nicht ganz gelungen; insbesondere ist nicht einsichtig, warum das Werkverzeichnis in der zweiten Auflage gleich doppelt aufgeführt wird. Hier, wie auch in einigen überflüssigen Wiederholungen in den Beiträgen, fehlt die Hand eines für das Gesamtwerk verantwortlichen Herausgebers. Dennoch liegt mit diesem Band ein Werk vor, das für die Kenntnis des Wallis der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nützlich und wichtig ist.

Zitierweise:
Iwar Werlen: Aerni, Klaus; Cassina, Gaëtan; Kalbermatter, Philipp; Ronco, Elena; Zenhäusern, Gregor; Nanzer, Anton: Ulrich Ruffiner von Prismell und Raron: Der bedeutendste Baumeister im Wallis des 16. Jahrhunderts. Ulrich Ruffiner de Prismell et Rarogne. Le plus important architecte et ingénieur du XVIe siècle en Valais. 2., erw. Aufl. / 2ie`me éd. augm. Sitten / Sion: Staatsarchiv Wallis (Beihefte zu Vallesia / Cahiers de Vallesia, 20. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 73 Nr. 1, 2011, S. 52-54.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 73 Nr. 1, 2011, S. 52-54.

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