J. Fleckenstein: Rittertum und ritterliche Welt

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Titel
Rittertum und ritterliche Welt.


Autor(en)
Fleckenstein, Josef; Zotz, Thomas
Erschienen
Berlin 2002: Siedler Verlag
Anzahl Seiten
247 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Michael Jucker, Universität Luzern

Josef Fleckenstein, ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts für Geschichte in Göttingen, gilt wohl als der Ritterspezialist der deutschsprachigen Forschung. Seit längerer Zeit beschäftigt er sich mit Burgen, dem Ritterturnier, der Lebenswelt des Adels und beispielsweise auch mit dem Verhältnis Friedrich Barbarossas zum Rittertum. In vier ausführlichen Kapiteln, bietet der vorliegende Band eine Gesamtschau zum Rittertum des Mittelalters. Das erklärte Ziel Fleckensteins ist es, zu zeigen, wie sich das Rittertum aus dem Kriegertum heraus entwickelte. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt denn auch in einer Genese des Rittertums. So beginnt das erste Kapitel zu den Vorstufen des Rittertums mit einer ausführlichen Diskussion des Kriegertums und der Entstehung des Vasallentums seit der Frühzeit bis hin zum Frühmittelalter und zur karolingischen Reform des Heeres. Deutlich werden auch die Bedeutung und die Integration der Ministerialen hervorgehoben, was sonst in der Forschung oft vernachlässigt wurde. Im zweiten Kapitel widmet sich Fleckenstein dem langsamen, aber stetigen Übergang vom Krieger- zum Rittertum. Besonders anschaulich werden hier die Tragweite der Normanneneinfälle, der Gottesfriedensbewegung und der damit verbundenen Ethisierung für die Ausprägung des Rittertums. Aber auch der immer wichtiger werdenden Burg als symbolisches und herrschaftliches Zentrum der ritterlichen Macht widmet der Autor seine profunde Aufmerksamkeit. Im dritten Kapitel erfolgt eine ausführliche Diskussion der Angleichung des europäischen Rittertums während der Kreuzzüge. Während man detailliert über den ersten Kreuzzug informiert wird, erfährt man erst später mehr zu den weiteren Kriegszügen und ihren Folgen. Interessant sind die Rückwirkungen auf das europäische Rittertum. Dies zeigt sich unter anderem auch in der Entstehung der verschiedensten Ritterorden, die zumindest teilweise in direktem Zusammenhang mit der Eroberung des Heiligen Landes lagen. Anhand der Geschichte der grossen Orden wird deutlich gemacht, wie überhaupt eine im Prinzip ungewöhnliche Verbindung von Ritter- und Mönchtum möglich war. Am Beispiel des Johanniterordens wird klar, dass das ritterliche Element erst später dazu kam, während die Entwicklung bei den Templern gerade umgekehrt verlief. Einen eigenständigen Teil bildet das von Thomas Zotz verfasste Kapitel zu den höfischen Lebensformen. Deutlicher als sonst in diesem Buch wird hier auch Bezug auf das Spätmittelalter und auf die Rolle der Frau genommen. Die zeitliche wie thematische Ausweitung zeigt sich nicht nur in einer ausführlichen Diskussion der Rüstung und der Wappen, sondern auch in den darauf folgenden Teilen zu Knappenzeit, Schwertleite und zu einem der typischsten Merkmale des Rittertums, dem Turnier. Ausführlich wird auch der Stellenwert der höfischen Dichtung referiert.

Löblich an dieser Publikation ist die Überwindung der nationalen Traditionen und die Kontextualisierung in einen europäischen Zusammenhang. Begriffshistorisch ist das Buch äusserst detailliert und aufschlussreich. Jedoch bleibt unklar, an wen sich ein Werk ohne Fussnoten richten soll. Die wissenschaftliche Transparenz wird leider nicht geleistet, so wird zwar zu jedem Kapitel die wichtigste Literatur am Ende des Buches aufgeführt, ärgerlich ist es aber, wenn man beispielsweise in Kapitel II etwas zu Carl Erdmanns Aussagen zum Schwertsegen erfährt, dann aber hinten vergeblich nach der entsprechenden Publikation sucht. Ebenso vermisst man beispielsweise eine Diskussion der Thesen von Susan Reynolds zur Vasallität. Mit gewissen Einschränkungen kann man dieses mit einem Personenregister versehene und reich bebilderte Werk Studierenden jedoch als gutes Überblickswerk sehr empfehlen.

Zitierweise:
Michael Jucker: Rezension zu: Josef Fleckenstein: Rittertum und ritterliche Welt. Unter Mitwirkung von Thomas Zotz. Berlin, Siedler, 2002. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 54 Nr. 1, 2004, S. 104-105.

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Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 54 Nr. 1, 2004, S. 104-105.

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