Cover
Titel
Insula 36. Die Entwicklung einer Häuserfront in Augusta Raurica


Autor(en)
Asal, Markus; Bujard, Sophie; Broillet-Ramjoué, Evelyne; Fuchs, Michel; Bruer Guido
Reihe
Forschungen in Augst 38
Erschienen
Augst 2007: Verlag des Römermuseums Augst
Anzahl Seiten
334 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Christa Ebnöther

Nach den monographischen Vorlagen der Befunde und Funde auf Kastelen (FiA 21, 2004; 22, 1999; 23, 1996, FiA 24, 2003) im Norden der Oberstadt sowie dem Süd- und Südwestquartier (FiA 33, 2003; FiA 36, 2006) erlaubt die Auswertung der 1984 untersuchten Häuserfront der am Cardo Maximus gelegenen Insula 36 einen weiteren Einblick in die Entwicklung des städtischen Wohn- und Lebensraumes der Oberstadt von Augusta Raurica.

Dem einleitendem Teil (S. 15–25), in dem verschiedene Aspekte der Ausgrabung, der Auswertung sowie der Stand der Erforschung der angrenzenden Insulae beleuchtet werden, folgt das Kernstück des vorliegenden Bandes mit der detaillierten Diskussion der fünf bzw. sieben Bauzustände (A–G), die von einem Befundkatalog begleitet wird (S. 27–117). Die folgenden Kapitel sind dem Fundmaterial gewidmet: Mit dem Hauptziel, die erarbeiteten Bauzustände und phasen zu datieren (S. 119–140), werden zunächst ausgewählte stratifizierte Fundensembles vorgelegt und diskutiert (S. 119–140, mit Taf. 1–26). Ein weiterer Beitrag (Evelyne Broillet-Ramjoué und Michel Fuchs, S. 141–171) beschäftigt sich mit der Rekonstruktion und Interpretation von 7 Wandmalereiensembles aus den Gebäuden des Bauzustandes E. Es folgt die Auswertung der Tierknochen und deren Einbindung in den gesamtstädtischen Kontext (Guido Breuer, S. 175–208). Den Abschluss bildet eine Gesamtsynthese, in der die Baugeschichte zusammengefasst und interpretiert, mit den Resultaten der Teiluntersuchungen ergänzt und in die soweit bekannten Entwicklungen der umliegenden Insulae eingebettet wird. Eine leider kaum lesbare synoptische Befundübersicht ist in der Zusammenfassung untergebracht (S. 219–229).

Wie in den angrenzenden Areale setzt die Besiedlung der Insula 36 mit einer lockeren Holzbebauung (Pfosten-Schwellriegelkonstruktionen) — einem von zwei handwerklich genutzten (Werk)Hallen flankierten zentralen Gebäude — im 1. Jz. v.Chr. ein (Bauzustand A). Die drei Häuser grenzen an einen 3.4 m breiten, an die Strasse (Wildentalstrasse) stossenden Gehweg bzw. an den rückwärtigen Innenhof. Interessant, aber isoliert, bleibt eine Grube, die auf Aktivitäten vor der ersten Insulaüberbauung hinweist.

Rund eine Generation später, um 20/30 n.Chr., wird die Strasse um 1.7 m verbreitert, eine stadtplanerische Massnahme (Bauzustand B), die auch in anderen Quartieren zu beobachten war. Sie ging einher mit einer neuen mehrphasigen Überbauung, deren strassenseitige Front nunmehr um 1.5 m zurückversetzt war und aus mit Lehm ausgefachteten Ständerbauten bestand, sich ansonsten weitgehend Kontinuität zur älteren Bebauung zeigt.

Wenn nicht bereits während Bauzustand B, so wurden spätestens nach einem Brand um 50/60 n.Chr. mit Beginn von Bauzustand C die definitiven, bis ins 3. Jh. gültigen Baulinien festgelegt. Sie begrenzten drei Holzbauten, deren Hauptwände teils nun aber auf gemauerten Sockeln standen. Die erfasste Häuserzeile wurde von einem zentral gelegenen, zweiteiligen Bau (unterteilter Ostteil, Halle/Hof im Westteil) dominiert, dessen Innenstruktur in seinen Grundzügen bis ins 3. Jh. beibehalten wurde. Als neues oder neu fassbares Bauelement ist die Portikus zu nennen. Wie dies auch andernorts zu beobachten ist, bestand hier ein enger baulicher Bezug zwischen Gebäude und Portikus, der auf die Zugehörigkeit des Portikusbereiches zur Parzelle und damit zu Privatbesitz schliessen lässt.

Zu Beginn des 2. Jh. (Bauzustand D) wurden neben Holzbauten die ersten massiven Steinbauten mit gemeinsamen Hauswänden errichtet. Ein schrittweiser Ausbau in Stein ist in der Zeit zwischen dem Ende des 1. Jh. und dem mittleren 2. Jh. in den umliegenden Insulae und in anderen Quartieren ebenfalls festzustellen.

Kaum grundlegende Veränderungen in der Bebauungsstruktur erfolgten im Rahmen der Wiederaufbauten nach zwei grösseren Branden um die Mitte des 2. Jh. (Bauzustand E) und am Ende des 2. Jh. (Bauzustand Eb). Die Gebäude letztgenannten Bauzustandes zeichnen sich aber durch eine besondere, luxuriöse Innenausstattung mit beheizbaren Räumen, Wandmalereien und Mosaiken aus. Eine merkwürdige Besonderheit ist die Umgestaltung eines Teils des von jeher zweiteiligen zentralen Baus zu einem «Innenhof» mit einem als Triclinium gedeuteten Raum.

Nach einem weiteren Brand im 2. Drittel 3. Jh. (t.p. 241) verlieren sich die Spuren: Die Bauzustände F und Gumfassen Funde aus den Deckschichten(F) sowie Einzelbefunde (G), die auf eine weder zeitlich noch funktional näher einzugrenzende Nutzung des Areals ab der 2. H. 3. Jh. hinweisen.

Wohl wissend, dass man als LeserIn bereit sein muss, sich mit dem Autor vollständig in die Befundsituation und Baugeschichte hineinzubegeben, seien hier einige kritische Anmerkungen angefügt: Eine auch in grafischer Hinsicht klarere und konsequenter eingehaltene Struktur der Befundvorlage hätte viel zur besseren Lesbarkeit beigetragen und damit die Qualität der geleisteten Arbeit besser zur Geltung gebracht. Die grabungs- und bautechnischen Detailinformationen, die oft auch Einträge aus dem Befundkatalog wiederholen, lassen den Leser manchmal rasch den Faden verlieren. Wenig Halt bieten dabei die bis zu 12stelligen Buchstaben- und Zahlenfolgen, die für die Befundansprache verwendet werden. Sie zeugen zwar von einer durchdachten Systematik, erweisen sie sich letztlich mehr als ermüdende Stolpersteine und weniger als eine Möglichkeit, den Text zu entlasten und eine direkte Verbindung von Bild und Text zu gewährleisten.

Nichts desto trotz verdient die minutiöse und aufwändige Kleinarbeit, die hinter diesem Einblick in die Augster Stadtgeschichte steckt, volle Anerkennung. Man ist angesichts der Augster Produktivität bester Hoffnung, dass mit der Auswertung weiterer Grabungen nun nach und nach die räumlichen und zeitlichen Lücken gefüllt und ein umfassendes Bild des urbanen Lebensraumes mit all seinen Aspekten gezeichnet werden kann.

Zitierweise:
Christa Ebnöther: Rezension zu: Markus Asal mit Beiträgen von Sophie Bujard, Evelyne Broillet-Ramjoué, Michel Fuchs und Guido Bruer, Insula 36. Die Entwicklung einer Häuserfront in Augusta Raurica. Forschungen in Augst 38. Augst 2007. 334 S., 175 Abb., 35 Tab., 26 Taf. Zuerst erschienen in: Jahrbuch Archäologie Schweiz, Nr. 92, 2009, S. 351-352.

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Zuerst veröffentlicht in

Jahrbuch Archäologie Schweiz, Nr. 92, 2009, S. 351-352.

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