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Mit ihrem multifokalen Forschungsansatz, der im Sinne eines kulturwissenschaftlichen Blickes Mikro- und Makroperspektive verbindet – im vorliegenden Falle die jeweiligen Gründerbiographien mit den sich verändernden gesellschaftlichen Struk¬turen in ökonomischer und politischer Hinsicht – erhellt Bhend zudem entscheidende Schnittstellen von individueller und sozialer Welt. Was die Herkunftsprofile der wichtigsten jüdischen Warenhausgründer der Schweiz betraf, so hatten sie alle deutsche oder französische Wurzeln und stammten aus bescheidenen Verhältnissen. Julius Brann, der mit gerade einmal 20 Jahren 1896 in Zürich das erste Warenhaus der Schweiz gründete, kam aus Rawitsch in der preus-sischen Provinz Posen und war der Sohn eines Lohgerbers. Da sein Geschäft sofort erfolgreich war, eröffnete Brann im Verlauf der nächsten 16 Jahren weitere Häuser in 17 weiteren Schweizer Städten. Die Brüder Loeb hatten zusammen mit ihrem Vater seit 1864 in Freiburg im Breisgau ein Gemischtwarenladen besessen. Als sich ihr Sortiment vergrösserte, wurden sie Marktfahrer und besuchten ab 1867 auch Messen in der Schweiz. Hier gründeten sie in den 1870er und 1880er Jahren Zweigstellen; die Umwandlung der erfolgreichsten dieser Filialen in eigentliche Warenhäuser (in Basel, Zürich und Bern) fand dann ab 1897 statt. Die Familien Maus und Nordmann (deren Warenhaus-Kette 1994 unter dem Namen MANOR zusammengefasst werden sollte), wanderten aus dem Elsass in die Schweiz ein. Léon Nordmann, dessen Vater bereits ein Konfektions- und Tuchwarengeschäft in Biel innehatte, eröffnete 1903 in Luzern sein erstes Warenhaus. Die Brüder Henri und Ernest Maus, ebenfalls aus einfachen Verhältnissen stammend, gründeten von Genf aus ab 1906 die Warenhauskette ‹Au louvre›. 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Dass gerade jüdische ‹Aufsteiger› so flexibel auf diese Veränderungen zu reagieren im Stande waren, dürfte nicht nur mit der voremanzipativen Berufsstruktur zusammenhängen, die sie so gut wie ausschliesslich in Handelsberufe gezwungen hatte, sondern auch damit, dass sie an ökonomische Anpassungsleistungen, wie sie ihnen in der Zeit vor der erst kürzlich zugestandenen Gleichberechtigung regelmässig abverlangt wurden, gewohnt waren. Die zumeist christlichen Alteingesessenen zeigten dagegen eine Tendenz, in den alten, privilegierten Strukturen zu verharren und sich mit dem zu begnügen, was sie hatten, wenn sie sich nicht gar in neokorporatistischen Kartellen zu verschanzen suchten (18). 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Andererseits formierte sich Widerstand von mittelständischen Handelsleuten und Gewerbetreibenden, die der Betriebsform Warenhaus vorwarfen, Einzelhandelsbetriebe zu verdrängen. Obwohl diese Behauptung den ökonomischen Tatsachen nicht gerecht wurde, entstanden von der Jahrhundertwende an etliche «Geschäftswehren zur gegenseitigen Unterstützung in der Bekämpfung der Grossbazare, Warenhäuser und Konsumvereine», die die Warenhäuser mit Zivil und Strafrechtsprozessen überzogen, Sondersteuern und Geschäftsverbote forderten. Der einflussreichste dieser Gruppierungen war der 1909 gegründete Schweizer Detaillistenverband. Von Beginn an hatte dieser Kampf gegen das Warenhaus eine fremdenfeindliche und antisemitische Note, die sich noch verstärkte, als sich in den Dreissiger Jahren neben katholisch-konservativen Verbänden auch die rechtsextremen ‹Fronten› dem Feldzug gegen das «jüdische Grosswarenhaus» widmeten (150). 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Dies sind nur einige der in Angela Bhends Buch ausgeloteten mannigfaltigen politik-, kultur-, wirtschafts- und migrationshistorischen Aspekte rund ums Thema Warenhaus, denen man zwar manchmal eine etwas systematischere und logischer im Kontext verortete Abhandlung gewünscht hätte, die aber durch die Verknüpfung mit den Biographien der jüdischen Warenhausgründer von der abstraktstrukturellen Ebene immer wieder instruktiv ins Konkret-Lebensweltliche transferiert und dort anschaulich gemacht werden. Das Werk bildet damit einen wichtigen Beitrag zur Schweizer Wirtschafts- und Kulturgeschichte im Allgemeinen sowie zur schweizerisch-jüdischen Geschichte im Besonderen. Zitierweise: Süess, Patrik: Rezension zu: Bhend, Angela: Triumph der Moderne. Jüdische Gründer von Warenhäusern in der Schweiz, 1890–1945, Zürich, 2021. Zuerst erschienen in: |https://www.unifr.ch/szrkg/de/|Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte|, Vol. 116, 2022, S. 475-477. 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Sie schloss die Forschungsarbeit 2020 ab und publizierte sie 2021 in Form eines schön illustrierten Bandes. Die Publikation umfasst zwei Teile, die auf eine Einleitung zu Theorie und Methode folgen. Im ersten Teil präsentiert die Autorin die Geschichte der Warenhäuser in Europa und Amerika, mit einem Fokus auf Paris. Die Entstehung war eng mit der Industrialisierung und der massenweisen Herstellung von standardisierten Produkten verbunden. Danach geht Bhend auf den Aufstieg dieser Verkaufsform in der Schweiz um 1900 ein. Weitere Kapitel widmen sich der repräsentativen Architektur von Schweizer Warentempeln, dem Warenhaus als Erfahrungswelt und schliesslich dem Widerstand des Kleingewerbes gegen die Detailhandelsketten. Dieser veranlasste den Bundesrat 1933 dazu, ein Filialverbot für den Detailhandel zu verordnen, das bis 1945 in Kraft war. 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Ab 1898 eröffnete er in achtzehn anderen Schweizer Städten Ableger, bis seine Firma vor dem Ersten Weltkrieg zwanzig Filialen zählte. 1939 entschloss er sich, in die USA auszuwandern, da er sich der Gefahr, die vom Nationalsozialismus für Juden in Europa ausging, nicht weiter aussetzen konnte. Er verkaufte den Warenhauskonzern an seinen Verwaltungsratspräsidenten Oscar Weber, der die Firma unter seinem Namen weiterführte. Obwohl Brann ein wichtiger Pionier der Warenhäuser in der Schweiz war, ging er völlig vergessen. Es gibt nicht einmal einen biografischen Artikel über ihn im _Historischen Lexikon der Schweiz_. Das zweite Firmenporträt ist dem Warenhaus Loeb in Bern gewidmet. Die Loebs führten ab 1864 ein Detailhandelsgeschäft in Freiburg im Breisgau. Von diesem Stammhaus aus zog David Loeb 1867 erstmals als Marktfahrer nach Bern. 1881 eröffnete er hier mit seinen Brüdern den ersten Loeb-Verkaufsladen, der 1899 zu einem Warenhaus an der Spitalgasse ausgebaut wurde. 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Bhend: Triumph der Moderne | infoclio - Rezensionen
Cover
Titel
Triumph der Moderne. Jüdische Gründer von Warenhäusern in der Schweiz, 1890-1945


Autor(en)
Bhend, Angela
Reihe
Beiträge zur Geschichte und Kultur der Juden in der Schweiz 19
Erschienen
Zürich 2021: Chronos Verlag
Anzahl Seiten
351 S.
Preis
CH 58
von
Süess Patrik

Als der Sekretär des Bieler Schutzverbandes der Detaillisten und Handwerker 1903 «ächtes kaufmännisches Wesen», das sich durch Tüchtigkeit, Leistungsfähigkeit und Ehrenhaftigkeit auszeichne, der «Charlatanerie» und der «kulturellen Entartung» gegenüberstellte, wie sie im aufkommenden Warenhauswesen zum Ausdruck komme, spezifizierte er das Objekt seiner Abneigung noch folgendermassen: «Unter den Warenhäusern, welche hier in Betracht kommen, ist jene besondere Spezies verstanden, die ihren hinterpommerschen Ursprung und das Cachet polakischjüdischen Schnorrertums unter einem gleissnerischen Äussern dem unkritischen Auge geschickt verbergend, zuerst ihren Einzug in Deutschland gehalten, nachträglich von dorther [...] auch den Weg ‹in die Schweiz nei› gefunden hat.» (147) Damit waren die zentralen Aspekte der zeitgenössischen Warenhauskritik angesprochen: Der Schaden, den diese dem gewerbetreibenden Mittelstand mit ihren modernen Handelsmethoden angeblich zufügten, die moralische Gefahr, die von ihrer offensiven Kunst der ‹Verführung zum Konsum› für die Kunden, vor allem aber für die Kundinnen, ausgehe, sowie die Tendenz zur Kennzeichnung dieser behaupteten Fehlentwicklungen als ‹fremd› und ‹jüdisch›.
Letztere Behauptung hatte, von der negativen Bewertung einmal abgesehen, zumindest einen wahren Kern: Immerhin die Hälfte der Warenhäuser, wie sie seit den 1890er Jahren in der Schweiz entstanden, waren tatsächlich durch jüdische Einwanderer gegründet worden. Dieser empirisch bemerkenswerte Befund bildet die Grundlage von Angela Bhends Buch, das unter Berücksichtigung dieser «Innovations- und Migrationskonstellation» sowohl die Geschichte des Warenhauses in der Schweiz in transnationaler Perspektive, als auch die Unternehmens- und Familienbiographien der jüdischen Warenhausgründer untersucht, um dadurch einen Beitrag zur Kultur- und Wirtschaftsgeschichte der Juden in der Schweiz zu leisten (18). Mit ihrem multifokalen Forschungsansatz, der im Sinne eines kulturwissenschaftlichen Blickes Mikro- und Makroperspektive verbindet – im vorliegenden Falle die jeweiligen Gründerbiographien mit den sich verändernden gesellschaftlichen Struk¬turen in ökonomischer und politischer Hinsicht – erhellt Bhend zudem entscheidende Schnittstellen von individueller und sozialer Welt.
Was die Herkunftsprofile der wichtigsten jüdischen Warenhausgründer der Schweiz betraf, so hatten sie alle deutsche oder französische Wurzeln und stammten aus bescheidenen Verhältnissen. Julius Brann, der mit gerade einmal 20 Jahren 1896 in Zürich das erste Warenhaus der Schweiz gründete, kam aus Rawitsch in der preus-sischen Provinz Posen und war der Sohn eines Lohgerbers. Da sein Geschäft sofort erfolgreich war, eröffnete Brann im Verlauf der nächsten 16 Jahren weitere Häuser in 17 weiteren Schweizer Städten. Die Brüder Loeb hatten zusammen mit ihrem Vater seit 1864 in Freiburg im Breisgau ein Gemischtwarenladen besessen. Als sich ihr Sortiment vergrösserte, wurden sie Marktfahrer und besuchten ab 1867 auch Messen in der Schweiz. Hier gründeten sie in den 1870er und 1880er Jahren Zweigstellen; die Umwandlung der erfolgreichsten dieser Filialen in eigentliche Warenhäuser (in Basel, Zürich und Bern) fand dann ab 1897 statt. Die Familien Maus und Nordmann (deren Warenhaus-Kette 1994 unter dem Namen MANOR zusammengefasst werden sollte), wanderten aus dem Elsass in die Schweiz ein. Léon Nordmann, dessen Vater bereits ein Konfektions- und Tuchwarengeschäft in Biel innehatte, eröffnete 1903 in Luzern sein erstes Warenhaus. Die Brüder Henri und Ernest Maus, ebenfalls aus einfachen Verhältnissen stammend, gründeten von Genf aus ab 1906 die Warenhauskette ‹Au louvre›. Bhend beschreibt die prototypischen drei Phasen, die den meisten dieser Gründungen zugrunde lagen so: «In einer ersten Phase kamen die Zuwanderer als Marktfahrer, etablierten sich in einer zweiten Phase – unter anderem auch dank einem treuen Kundenstamm in den jeweiligen Städten – mit einem Einzelhandelsbetrieb, aus dem in einer dritten Phase die Warenhausgründungen erfolgten.» (80)
Gemeinsam war diesen jüdischen Warenhausgründern, dass sie innovativ auf den wirtschaftlichen Strukturwandel der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts reagierten, der durch Urbanisierung, verbesserte Verkehrsmittel und Aufhebung staatlicher Regulierungen zugunsten einer freien Marktwirtschaft in Gang gekommen war. Durch Innovationen im Produktionsprozess war Massenproduktion möglich geworden, wodurch die Betriebe ihre Preise bedeutend tiefer kalkulieren konnten. In einer Zeit allgemeiner Lohnsteigerungen entstand dergestalt ein Massenmarkt. Dass gerade jüdische ‹Aufsteiger› so flexibel auf diese Veränderungen zu reagieren im Stande waren, dürfte nicht nur mit der voremanzipativen Berufsstruktur zusammenhängen, die sie so gut wie ausschliesslich in Handelsberufe gezwungen hatte, sondern auch damit, dass sie an ökonomische Anpassungsleistungen, wie sie ihnen in der Zeit vor der erst kürzlich zugestandenen Gleichberechtigung regelmässig abverlangt wurden, gewohnt waren. Die zumeist christlichen Alteingesessenen zeigten dagegen eine Tendenz, in den alten, privilegierten Strukturen zu verharren und sich mit dem zu begnügen, was sie hatten, wenn sie sich nicht gar in neokorporatistischen Kartellen zu verschanzen suchten (18).
Die Handelsmethoden der sich industrialisierenden und urbanisierenden Welt («Grosser Umsatz, kleiner Preis, schneller Absatz, hohe Produktivität» [18]), die sich wie kaum irgendwo sonst im System Warenhaus kristallisierten, lösten bei den Kunden Begeisterung, bei den Kritikern jedoch die oben erwähnten Abwehrreaktionen aus. Einerseits wurde der Erlebnisraum Warenhaus mit seiner imposanten Architektur und modernster Inneneinrichtung, seiner ausgefeilten, verführerischen Produktewerbung und den mannigfaltigen Kundendienstleistungen, die Einkaufen zu einem Freizeitvergnügen machten, von Beginn an von kulturkritischen-moralischen Verdammungsurteilen begleitet, die eine «grundlegende Skepsis gegenüber allen ‹modernen› Errungenschaften, wie Massenkonsum, selbständigem Handeln von Frauen, Veränderungen von Architektur und Mode, neuartigen Moralvorstellungen, sozialem Wandel und Kommerzialisierung» spiegelten (145). Andererseits formierte sich Widerstand von mittelständischen Handelsleuten und Gewerbetreibenden, die der Betriebsform Warenhaus vorwarfen, Einzelhandelsbetriebe zu verdrängen. Obwohl diese Behauptung den ökonomischen Tatsachen nicht gerecht wurde, entstanden von der Jahrhundertwende an etliche «Geschäftswehren zur gegenseitigen Unterstützung in der Bekämpfung der Grossbazare, Warenhäuser und Konsumvereine», die die Warenhäuser mit Zivil und Strafrechtsprozessen überzogen, Sondersteuern und Geschäftsverbote forderten. Der einflussreichste dieser Gruppierungen war der 1909 gegründete Schweizer Detaillistenverband. Von Beginn an hatte dieser Kampf gegen das Warenhaus eine fremdenfeindliche und antisemitische Note, die sich noch verstärkte, als sich in den Dreissiger Jahren neben katholisch-konservativen Verbänden auch die rechtsextremen ‹Fronten› dem Feldzug gegen das «jüdische Grosswarenhaus» widmeten (150). Den grössten Erfolg dieser Interessengruppierungen bildete die Verabschiedung des Dringlichen Bundesbeschlusses von 1933, der Neueröffnungen und Erweiterungen von Warenhäusern, Kaufhäusern und Einheitspreisgeschäften verbot. Dieser Beschluss blieb bis 1945 in Kraft. Sowohl die antisemitische Stimmung im Innern des Landes wie auch die Bedrohung durch Nazideutschland führten einige Warenhausbesitzer, wie zum Beispiel Julius Brann, dazu, ihr Geschäft an Christen zu verkaufen, um sich in Übersee eine neue wirtschaftliche Existenz aufzubauen.
Dies sind nur einige der in Angela Bhends Buch ausgeloteten mannigfaltigen politik-, kultur-, wirtschafts- und migrationshistorischen Aspekte rund ums Thema Warenhaus, denen man zwar manchmal eine etwas systematischere und logischer im Kontext verortete Abhandlung gewünscht hätte, die aber durch die Verknüpfung mit den Biographien der jüdischen Warenhausgründer von der abstraktstrukturellen Ebene immer wieder instruktiv ins Konkret-Lebensweltliche transferiert und dort anschaulich gemacht werden. Das Werk bildet damit einen wichtigen Beitrag zur Schweizer Wirtschafts- und Kulturgeschichte im Allgemeinen sowie zur schweizerisch-jüdischen Geschichte im Besonderen.

Zitierweise:
Süess, Patrik: Rezension zu: Bhend, Angela: Triumph der Moderne. Jüdische Gründer von Warenhäusern in der Schweiz, 1890–1945, Zürich, 2021. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte, Vol. 116, 2022, S. 475-477. Online: https://doi.org/10.24894/2673-3641.00127.

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