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Nun hat der ausgebildete Forstingenieur eine Schrift erhalten, die ihn zwar nur bedingt biografisch beleuchtet, wohl aber Facetten seines Schaffens kontextuell zu erfassen sucht und so eine auf das Geschehen im schweizerischen Forstwesen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts massgeblich einflussreiche Persönlichkeit vorstellt. Die Schrift ist in drei Teile gegliedert, die von den Autoren respektive der Autorin jeweils individuell abgefasst wurden. Allen Kapiteln zugrunde liegt der Nachlass Johann Coaz’, der 1981 gesichert werden konnte und einige Jahre später dem Staatsarchiv Graubünden übergeben wurde. Es handelt sich dabei hauptsächlich um persönliche Tagebücher und Korrespondenzen. Für die einzelnen Abhandlungen wurden dem Nachlass nicht nur weitere schriftliche Quellen hinzugestellt, sondern insbesondere auch zeitgenössische Porträts, Landschaftsbilder, Zeichnungen und Skizzen sowie kartografische Werke, die die Ausführungen vielfältig unterlegen und zum Teil ergänzen. Eingeleitet wird die Schrift mit einem biografischen Abriss Johann Coaz’ entlang der hinterlassenen Ego-Dokumente. Leider werden diese etwas zu wörtlich genommen: Der Autor Paul Eugen Grimm zitiert in seiner Nachzeichnung expansiv aus den persönlichen sowie den Forsttagebüchern Coaz’. Das ist für meinen Geschmack zu eng an den Quellen, etwas mehr Distanz hätte den Ausführungen gutgetan. Wir lernen: Coaz war ein guter Schüler und eifriger Student, dem dank bürgerlicher Herkunft und kulturellem Kapital seines Vaters eine vielversprechende Zukunft offenstand. Diese Gunst des Augenblicks wusste er zu ergreifen. Seine erste Anstellung erhielt er beim schon genannten Dufour, um dann bereits mit knapp dreissig Jahren zum Oberforstinspektor des Kantons Graubünden, später auch des Kantons St. Gallen, berufen zu werden. Knapp 25 Jahre später erfolgte die Wahl zum eidgenössischen Forstinspektor. Coaz war dabei streng mit sich selbst, auferlegte sich viel körperliche «Ertüchtigung», die es ihm erlaubte, zahlreiche Gipfel zu besteigen und bis ins hohe Alter im beruflichen und gesellschaftlichen Leben aktiv zu sein. Seinen Einfluss wusste er dank seines fundierten Wissens, seines grossen Netzwerks zu wichtigen Zeitgenossen und in verschiedene Wissensgesellschaften des 19. Jahrhunderts hinein und dank eines unermüdlichen Einsatzes gezielt spielen zu lassen, und so die Forst- und Naturschutzbemühungen noch vor 1900 aktiv voranzutreiben. Dies verdeutlicht der Beitrag von Martin Stuber. 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Laut Stuber ist der Ausgangspunkt dazu bei der «Ökonomischen Aufklärung» (S. 97) zu suchen, die die Ertragssteigerung aus Ressourcen eines Territoriums mit dem konsequenten Einsatz von Wissenschaft und Technik anstrebte. Nun ging es darum, die Nutzung der Ressourcen stringenter anzugehen, wenn auch noch nicht um die Sicherung absoluter Schonung von ausgewählten Gebieten, wie dies später bei der Errichtung der ersten Nationalparks der Fall war. Es ging um das Zurückbinden einer allzu kommerzialisierten Waldwirtschaft und nicht darum, die Nutzung der Ressource Holz absolut zu unterbinden. Als Forstinspektor von Graubünden veranlasste Coaz entsprechend eine rasche Reorganisation der Forstwirtschaft und später die Ausarbeitung einer ersten kantonalen Forstordnung. 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Auf die als Vermessungsingenieur in jungen Jahren, in denen er die «naturräumliche Umgebung mit Funktionen» (S. 220) erfasste, auf die als eidgenössischer Oberforstinspektor am Kulminationspunkt seiner Karriere und auf die als Vermittler in Sachen Schweizerischer Nationalpark im fortgeschrittenen Alter. Deutlich wird, dass Coaz auf nationaler Ebene, anders als zuvor auf kantonaler, sehr viel stärker in ein Expertennetz von Wissenschaftlern und politischen Entscheidungsträgern eingebunden war. Zwar galt er als ausgewiesener Forstexperte, war aber deutlich abhängiger von weiteren Akteuren, etwa bei der Ausarbeitung des eidgenössischen Forstgesetzes in den 1870er Jahren (in Kraft gesetzt 1876) oder der Organisation des Forstwesens ganz allgemein – hier arbeitete er daran, die kantonalen Ordnungen und Verordnungen den eidgenössischen anzugleichen –, und schliesslich auch im Zusammenhang mit der Gründung des Schweizerischen Nationalparks. Dass er sich für letzteren einsetzte, ist einigermassen erstaunlich, hatte er sich doch nie für die romantischen Aspekte von Natur interessiert, sondern an einer Ordnung des Gleichgewichts trotz und mittels von deren Nutzung gearbeitet. Nun also sollte die Natur vor den Eingriffen der Zivilisation geschützt werden. Wie es zu diesem Umdenken kam und ob Coaz dies als logische Folge oder als Abkehr seiner früheren Bemühungen verstand, bleibt uns die Autorin schuldig. Gleichzeitig führt sie uns nochmals vor Augen, wie sich das Verständnis der Nutzniessung von Natur und Umwelt im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von einem rein ökonomischen hin zu einem vermehrt ökologischen verschob. Der Nationalpark, der Coaz vorschwebte, war noch nicht als Erholungsgebiet für die Bevölkerung gedacht, sondern als ein Stück Natur, das für die Nachwelt bewahrt werden sollte. Abgerundet wird das Buch mit einem von Paul Eugen Grimm erarbeiteten und kommentierten Katalog, um so nochmals die Wissens- und Tätigkeitsgebiete Johann Coaz’ zu veranschaulichen. Grimm eröffnet damit Quellenbestände zur weiteren Forschung zur Person wie auch zu den wichtigen Forschungsfeldern Umwelt, Nachhaltigkeit und Natur-/Umweltschutz. Das ist vielleicht das grösste Verdienst dieses Buches: Das Nachdenken über Natur und Umwelt, Überlegungen zum Schutz von Ressourcen sowie zum Erhalt eines natürlichen Gleichgewichts sind nicht ausschliesslich Themen des 20. Jahrhunderts, sondern beschäftigten bereits die Zeitgenossen früherer Dekaden. Darauf und auf die Dringlichkeit weiterer Forschung zu diesen wesentlichen Themen macht die vorliegende Schrift in aller Deutlichkeit aufmerksam. Zitierweise: Gisler, Monika: Rezension zu: Fuchs, Karin; Grimm, Paul Eugen; Stuber, Martin: Nutzen und schützen. 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Die Zeitreise führt dabei zurück in das 19. Jahrhundert, das durch viele Umbrüche nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Europa geprägt wurde. In dieser Zeit etablierte sich in Mitteleuropa eine akademische Forstausbildung, die vor allem den Grundsätzen einer „ökonomischen Aufklärung“ diente. Das „Nutzen“ der Wälder, d.h. die nachhaltige Waldbewirtschaftung, wurde – wie die historisch-kritische Analyse der Autor:innen zeigt – zum Vehikel einer Umweltpolitik des „Schützens“. In der vorliegenden Fallstudie wird diese historische Entwicklung anhand einer der wichtigsten schweizerischen Protagonisten, Johann Coaz (1822–1918), in einer sehr ansprechenden Art und Weise den Leser:innen vermittelt. Als wesentliches historisches Quellenmaterial dienen einschlägige Primärquellen aus dem Nachlass von Johann Coaz, der 1981 gesichert werden konnte und 2016 dem Staatsarchiv Graubünden zugeführt wurde. Es handelt sich dabei in erster Linie um persönliche Tagebücher und Korrespondenz. Diesen einzigartigen Quellenfundus werteten die Autor:innen akribisch aus und geben ihn wegen der hohen Authentizität zum Teil wortgetreu wieder. Dank einer umfassenden und reichhaltigen Bildrecherche (zeitgenössische Portraits, Unterrichtsmaterialien, Landschaftsbilder, Zeichnungen, Skizzen und kartografische Werke etc.) sind die beschriebenen Quelleninhalte zusätzlich im Textteil des Buches sehr anschaulich und gekonnt visualisiert. Aufgrund der unterschiedlichen Themenschwerpunkte der überlieferten Tagebücher von Johann Coaz haben die Autor:innen das vorliegende Buch folgerichtig in drei Hauptkapitel unterteilt. Im ersten Teil zeichnet Paul Eugen Grimm die Lebensstationen von Johann Coaz anhand seiner Tagebücher und Briefwechsel chronologisch nach. Hierbei erhält die Leserschaft interessante Einblicke in die Lebenswelt der 1830er- und 1840er-Jahre sowohl in der Schweiz als auch im angrenzenden Deutschland. 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Die verschiedenen (zum Teil überdimensionierten) Schriftgrößen, der Wechsel von „In-Block-Setzen“ und „Nicht-Blocksatz“ sowie halbleere Buchseiten mit Bildern, die Gestaltung der einzelnen Hauptkapitelseiten und letztendlich die lediglich zur Buchmitte angegebenen Seitenzahlen werden als unprofessionell und störend empfunden. Zudem ist in einem ausschließlich in deutscher Sprache verfassten Buch das Übersetzen der französischen Zitate empfehlenswert. Das Buch ist insgesamt gesehen eine sehr lehrreiche und spannende Lektüre. Den Autor:innen ist es in hervorragender Weise gelungen, die Geschichte der schweizerischen Umweltpolitik am Fallbeispiel der Person Johann Coaz quellengesättigt aufzuzeigen und historisch-kritisch zu beleuchten. Aufgrund der thematischen Aufteilung des Buches in drei unabhängige Hauptkapitel haben sich in der Binnenstruktur kaum vermeidbare Redundanzen eingestellt, die allerdings den inhaltlichen Wert des Buches nur unwesentlich schmälern." 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Fuchs u.a.: Johann Coaz (1822–1918), der Wald und die Anfänge der schweizerischen Umweltpolitik | infoclio - Rezensionen

K. Fuchs u.a.: Johann Coaz (1822–1918), der Wald und die Anfänge der schweizerischen Umweltpolitik

Cover
Titel
Nutzen und schützen. Johann Coaz (1822–1918), der Wald und die Anfänge der schweizerischen Umweltpolitik


Autor(en)
Fuchs, Karin; Grimm, Paul Eugen; Stuber, Martin
Erschienen
Zürich 2021: hier + jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte
Anzahl Seiten
275 S.
Preis
CHF 49,00
von
Monika Gisler, ETH Zürich

Waren Sie schon einmal in der Chamanna Coaz? Sie liegt mitten im Engadiner Hochgebirge auf 2600 Metern und ist umgeben von der Bernina-Gruppe, die in den Himmel zu ragen scheint. Erstbesteiger des Piz Bernina soll der Bündner Johann Coaz (1822–1918) gewesen sein, weshalb die Hütte anfangs des 20. Jahrhunderts nach ihm benannt wurde. Coaz steht jedoch nicht in erster Linie für die Massive des Engadins – auch wenn er einst als Gebirgstopograf für Henri Dufour gearbeitet hat. Erinnert wird er wegen seiner Arbeiten als Forstwirt, in deren Rahmen er erstmals ein Bauminventar anlegte, und als Oberforstinspektor der Schweiz und damit Verantwortlicher für das erste eidgenössische Forstgesetz, das dem nachhaltigen Schutz des Waldes gewidmet war, sowie schliesslich als Vordenker des Schweizerischen Nationalparks.

Nun hat der ausgebildete Forstingenieur eine Schrift erhalten, die ihn zwar nur bedingt biografisch beleuchtet, wohl aber Facetten seines Schaffens kontextuell zu erfassen sucht und so eine auf das Geschehen im schweizerischen Forstwesen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts massgeblich einflussreiche Persönlichkeit vorstellt. Die Schrift ist in drei Teile gegliedert, die von den Autoren respektive der Autorin jeweils individuell abgefasst wurden. Allen Kapiteln zugrunde liegt der Nachlass Johann Coaz’, der 1981 gesichert werden konnte und einige Jahre später dem Staatsarchiv Graubünden übergeben wurde.

Es handelt sich dabei hauptsächlich um persönliche Tagebücher und Korrespondenzen. Für die einzelnen Abhandlungen wurden dem Nachlass nicht nur weitere schriftliche Quellen hinzugestellt, sondern insbesondere auch zeitgenössische Porträts, Landschaftsbilder, Zeichnungen und Skizzen sowie kartografische Werke, die die Ausführungen vielfältig unterlegen und zum Teil ergänzen.

Eingeleitet wird die Schrift mit einem biografischen Abriss Johann Coaz’ entlang der hinterlassenen Ego-Dokumente. Leider werden diese etwas zu wörtlich genommen: Der Autor Paul Eugen Grimm zitiert in seiner Nachzeichnung expansiv aus den persönlichen sowie den Forsttagebüchern Coaz’. Das ist für meinen Geschmack zu eng an den Quellen, etwas mehr Distanz hätte den Ausführungen gutgetan. Wir lernen: Coaz war ein guter Schüler und eifriger Student, dem dank bürgerlicher Herkunft und kulturellem Kapital seines Vaters eine vielversprechende Zukunft offenstand. Diese Gunst des Augenblicks wusste er zu ergreifen. Seine erste Anstellung erhielt er beim schon genannten Dufour, um dann bereits mit knapp dreissig Jahren zum Oberforstinspektor des Kantons Graubünden, später auch des Kantons St. Gallen, berufen zu werden. Knapp 25 Jahre später erfolgte die Wahl zum eidgenössischen Forstinspektor. Coaz war dabei streng mit sich selbst, auferlegte sich viel körperliche «Ertüchtigung», die es ihm erlaubte, zahlreiche Gipfel zu besteigen und bis ins hohe Alter im beruflichen und gesellschaftlichen Leben aktiv zu sein. Seinen Einfluss wusste er dank seines fundierten Wissens, seines grossen Netzwerks zu wichtigen Zeitgenossen und in verschiedene Wissensgesellschaften des 19. Jahrhunderts hinein und dank eines unermüdlichen Einsatzes gezielt spielen zu lassen, und so die Forst- und Naturschutzbemühungen noch vor 1900 aktiv voranzutreiben.

Dies verdeutlicht der Beitrag von Martin Stuber. Dieser nimmt sich die Coaz’ Tätigkeit als Forstinspektor vor, bettet diese in die zeitgenössischen Diskussionen rund um den Wald ein und legt damit einen wichtigen Beitrag zur frühen Umweltpolitik und Nachhaltigkeitsdebatte vor: Coaz’ Überlegungen zur Forstorganisation, zur forstwirtschaftlichen Nutzung des Waldes respektive der Waldressourcen sowie seine Beschreibungen von «Natur» ganz allgemein eignen sich hervorragend, unsere Kenntnisse zu den Anfängen der Konzeptionierung und Theoretisierung von Nachhaltigkeit zu erweitern.

Zum Zeitpunkt des Wirkens Johann Coaz’ war der Begriff der Nachhaltigkeit im Rahmen des Forstwesens längst geboren. Ausgehend von der deutschen Forstwirtschaft gelang das dahinterstehende Konzept zur Geltung. Höchste Zeit also, dass es auch in die schweizerische Forstwirtschaft einfloss. Laut Stuber ist der Ausgangspunkt dazu bei der «Ökonomischen Aufklärung» (S. 97) zu suchen, die die Ertragssteigerung aus Ressourcen eines Territoriums mit dem konsequenten Einsatz von Wissenschaft und Technik anstrebte. Nun ging es darum, die Nutzung der Ressourcen stringenter anzugehen, wenn auch noch nicht um die Sicherung absoluter Schonung von ausgewählten Gebieten, wie dies später bei der Errichtung der ersten Nationalparks der Fall war. Es ging um das Zurückbinden einer allzu kommerzialisierten Waldwirtschaft und nicht darum, die Nutzung der Ressource Holz absolut zu unterbinden. Als Forstinspektor von Graubünden veranlasste Coaz entsprechend eine rasche Reorganisation der Forstwirtschaft und später die Ausarbeitung einer ersten kantonalen Forstordnung. Stuber bezeichnet diese als umweltpolitische Innovation, da sie den Handel mit Holz mit einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung verknüpfte, und sich schliesslich auch als dienliche Massnahme zum Schutz der Hochwälder im Falle von «schädlichen Naturereignissen» (S. 123), etwa Hochwasserkatastrophen, erwies. Nicht zuletzt legte Coaz damit den Grundstein für seine Arbeit auf nationaler Ebene, als er als eidgenössischer Forstinspektor die Forstorganisation auf eine gesamtschweizerische Ebene zu heben suchte.

Darum geht es im dritten von Karin Fuchs verfassten Kapitel des Buchs. Fuchs stellt Coaz’ Schaffen in den Kontext der institutionellen Ausformung des 1848 gegründeten Bundesstaats und legt ihren Fokus auf drei Etappen von Coaz’ Karriere. Auf die als Vermessungsingenieur in jungen Jahren, in denen er die «naturräumliche Umgebung mit Funktionen» (S. 220) erfasste, auf die als eidgenössischer Oberforstinspektor am Kulminationspunkt seiner Karriere und auf die als Vermittler in Sachen Schweizerischer Nationalpark im fortgeschrittenen Alter. Deutlich wird, dass Coaz auf nationaler Ebene, anders als zuvor auf kantonaler, sehr viel stärker in ein Expertennetz von Wissenschaftlern und politischen Entscheidungsträgern eingebunden war. Zwar galt er als ausgewiesener Forstexperte, war aber deutlich abhängiger von weiteren Akteuren, etwa bei der Ausarbeitung des eidgenössischen Forstgesetzes in den 1870er Jahren (in Kraft gesetzt 1876) oder der Organisation des Forstwesens ganz allgemein – hier arbeitete er daran, die kantonalen Ordnungen und Verordnungen den eidgenössischen anzugleichen –, und schliesslich auch im Zusammenhang mit der Gründung des Schweizerischen Nationalparks. Dass er sich für letzteren einsetzte, ist einigermassen erstaunlich, hatte er sich doch nie für die romantischen Aspekte von Natur interessiert, sondern an einer Ordnung des Gleichgewichts trotz und mittels von deren Nutzung gearbeitet. Nun also sollte die Natur vor den Eingriffen der Zivilisation geschützt werden. Wie es zu diesem Umdenken kam und ob Coaz dies als logische Folge oder als Abkehr seiner früheren Bemühungen verstand, bleibt uns die Autorin schuldig. Gleichzeitig führt sie uns nochmals vor Augen, wie sich das Verständnis der Nutzniessung von Natur und Umwelt im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von einem rein ökonomischen hin zu einem vermehrt ökologischen verschob. Der Nationalpark, der Coaz vorschwebte, war noch nicht als Erholungsgebiet für die Bevölkerung gedacht, sondern als ein Stück Natur, das für die Nachwelt bewahrt werden sollte.

Abgerundet wird das Buch mit einem von Paul Eugen Grimm erarbeiteten und kommentierten Katalog, um so nochmals die Wissens- und Tätigkeitsgebiete Johann Coaz’ zu veranschaulichen. Grimm eröffnet damit Quellenbestände zur weiteren Forschung zur Person wie auch zu den wichtigen Forschungsfeldern Umwelt, Nachhaltigkeit und Natur-/Umweltschutz. Das ist vielleicht das grösste Verdienst dieses Buches: Das Nachdenken über Natur und Umwelt, Überlegungen zum Schutz von Ressourcen sowie zum Erhalt eines natürlichen Gleichgewichts sind nicht ausschliesslich Themen des 20. Jahrhunderts, sondern beschäftigten bereits die Zeitgenossen früherer Dekaden. Darauf und auf die Dringlichkeit weiterer Forschung zu diesen wesentlichen Themen macht die vorliegende Schrift in aller Deutlichkeit aufmerksam.

Zitierweise:
Gisler, Monika: Rezension zu: Fuchs, Karin; Grimm, Paul Eugen; Stuber, Martin: Nutzen und schützen. Johann Coaz (1822–1918), der Wald und die Anfänge der schweizerischen Umweltpolitik, Zürich 2021. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 73(2), 2023, S. 216-218. Online: <https://doi.org/10.24894/2296-6013.00127>.

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