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So erwies sich auch die Lebensmittelversorgung als zunehmend schwierig. Für den peripher gelegenen Stadtkanton Basel mit seinem lediglich marginalen Landwirtschaftsanteil wirkte sich der eingeschränkte oder gar unterbrochene Zugang zu Agrarerzeugnissen des angrenzenden Auslandes besonders gravierend aus. Wie überall in der Schweiz standen die Behörden vor einer unübersichtlichen Aufgabe. Einerseits konnte niemand eine vierjährige Kriegsdauer absehen und anderseits erwiesen sich die Anliegen und Ansprüche von Städtern und der Bauernschaft oft als gegensätzlich. Dieser Problematik der erschwerten Beschaffung von Nahrungsmitteln und deren möglichst gerechten und günstigen Verteilung an die Bevölkerung verpflichtet sich die kürzlich von der Universität Luzern angenommene Dissertation von Maria Meier. Die Studie ist Teil eines Sinergia-Projektes der Universitäten Bern, Genf, Luzern und Zürich zum Zentenar des Kriegsbeginns 1914. Meiers Forschungsbereich ist komplex, sie grenzt ihn auf die Frage ein, wie sich der Mangel an Nahrungsmitteln auf den Alltag der Menschen auswirkte – und dies aus der Perspektive einer städtischen Gesellschaft. Im Weiteren richtet sich ihr Interesse auf die Auswirkungen der Ernährungskonflikte auf das soziale Leben. Antworten auf diese Fragestellungen gibt Meier in den drei Hauptkapiteln über die Beschaffung von Lebensmitteln, den Lebensmittelmarkt und die stützenden staatlichen Massnahmen wie Massenspeisungen und die Notstandsaktion. Weitere soziale Stützmassnahmen wie etwa individuelle monetäre Fürsorgebeiträge, Militärunterstützung für Angehörige von Wehrpflichtigen oder Mietzinsbeihilfe stehen nicht im Fokusbereich der Fragestellung und werden von der Autorin nicht thematisiert. Nach den beiden kurzen einführenden Kapiteln gibt das dritte Kapitel Einblick in die Aktivitäten der Behörden zwecks Lebensmittelbeschaffung. Als naheliegende Sofortmassnahme erliess der mit Generalvollmacht ausgestattete Bundesrat ein Ausfuhrverbot für Getreide. Meier beschreibt, wie die kantonalen Entscheidungsträger Vorräte verwalteten und dem Schmuggelwesen entgegenzutreten versuchten. Zur Verbesserung der Versorgungslage ordneten die Behörden 1917 den zusätzlichen Anbau von Kartoffeln und Gemüse an, überall dort, wo im Stadtkanton etwas Grünfläche vorhanden war. Der hierfür von der Autorin verwendete Begriff «Anbauschlacht» (S. 105) irritiert, denn dieser Terminus gehört zum kollektiven Gedächtnis des Zweiten Weltkriegs. Dies erklärt Meier denn auch auf Seite 115 in einer Fussnote. Als grösstes Alltagsproblem nennt Meier in Kapitel vier die Teuerung. Diese hatte ihre Ursache nicht allein in der Einfuhrunsicherheit und dem daraus entstandenen Mangel an Lebensmitteln. Sie wurde auch durch Hamsterei und Spekulation angetrieben. Um dieser künstlichen Preissteigerung entgegenzuwirken, erliess der Bundesrat bereits in den ersten Kriegstagen eine Verordnung gegen Wuchergeschäfte und Hamsterkäufe. Meier zeigt im Folgenden auf, wie Produzenten und Händler versuchten, die Verordnung zu umgehen und wie Ämter und Beamte zum Beispiel mit der Festsetzung von Höchstpreisen gegensteuerten. Für sie galt es – so Meier – den Mangel zu verwalten (S. 181). Je länger der Krieg dauerte, umso mehr Menschen gerieten in finanzielle Bedrängnis. «Massenspeisungen», so die damalige Benennung, und die staatliche Notstandsaktion deutet Meier im fünften Kapitel aus. Massenspeisungen war der Überbegriff für staatlich subventionierte, öffentlich zugängliche Esslokale. Die preisgünstige Abgabe von Suppen und Mahlzeiten sollte eine ausgewogene Ernährung der Bevölkerung garantieren. Detailreich gibt die Autorin Einblick in den Aufbau und den Betrieb solcher Einrichtungen. Die staatliche Notstandsaktion hingegen war individuell und zielte darauf ab, unverschuldet in Not geratenen Personen mit Barbeträgen oder Gutscheinen zu helfen. Die Erkenntnisse von Meier beruhen auf umfassender Quellenarbeit, schwerpunktmässig im Staatsarchiv Basel-Stadt. Man erkennt, dass nicht allein die Beschaffung von Nahrungsmitteln schwierig war, sondern dass auch divergierende Auffassungen über Vorgehensweisen und die Notwendigkeit von Stützmassnahmen bestanden. Zitierte und paraphrasierte Akteninhalte lassen Leserinnen und Leser die Schwierigkeiten von Behörden – eine Auflistung der wichtigsten Ämter würde die Übersicht erleichtern – und die Nöte der mittleren und unteren Einkommensgruppen nachvollziehen. Eine Familie mit mittlerem Angestellteneinkommen konnte die enorme Teuerung gerade noch knapp verkraften. Die Arbeiterschaft jedoch musste schon in normalen Zeiten mehr als die Hälfte ihrer Entlöhnung für Lebensmittel aufwenden. Für sie wurden die bis Kriegsende auf mehr als das Doppelte gestiegenen Lebenshaltungskosten zur Existenzfrage, oft verbunden mit dem Empfinden, ungerecht behandelt zu werden. Maria Meier erläutert in ihrer Dissertation auf mikrogeschichtlicher Ebene die amtlichen Strukturen sowie unter Beizug von Ego-Dokumenten die Lebenssituation der Bevölkerung. Mit diesem Ansatz verknüpft sie Wirtschafts-, Sozial- und Alltagsgeschichte zu einem eindrücklichen Ganzen. Der schnörkellose, gut verständliche Text sowie die ausgezeichnete Leserführung machen die sehr informative Studie überaus lesenswert. Zitierweise: Schmid-Weiss, Gertrud: Rezension zu: Meier, Maria: Von Notstand und Wohlstand. Die Basler Lebensmittelversorgung im Krieg, 1914–1918, Zürich 2020. Zuerst erschienen in: |http://www.sgg-ssh.ch/de/publikationen/schweizerische-zeitschrift-fuer-geschichte-szg|Schweizerische Zeitschrift für Geschichte| 71 (3), 2021, S. 558-560. Online: ." 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Seine Relevanz gewinnt das Thema gemäß der Autorin aus der Perspektive des „totalen Kriegs“, in der auch vermeintlich vom Kriegsgeschehen verschonte Aspekte des zivilgesellschaftlichen Lebens deutliche Auswirkungen und Ausprägungen der kriegerischen Auseinandersetzung zeigen. Zum andern geht Meier von der Globalität des Krieges aus, da zum einen auch Neutrale zunehmend unter den Druck kriegführender gegnerischer Mächte gerieten, zum andern, weil die transnationale wirtschaftliche Vernetzung weitreichende Versorgungsabhängigkeiten nach sich ziehen konnte. Auch wenn eine städtische Lebensmittelversorgung im Krieg als mikrohistorische Untersuchung gewertet werden kann, wie Meier selbst festhält, zeigt sie sich dank dieser Untersuchung als vielfach vernetztes lokales Geschehen. Der Basler Lebensmittelmarkt der Vorkriegszeit war bereits zu wesentlichen Teilen globalisiert. Internationale und regionale Versorgungsbeziehungen griffen ineinander und funktionierten in gegenseitiger Abhängigkeit. Auch wenn diese Situation für die gesamte Schweiz festgestellt werden kann, verschärfte die Grenzlage der Stadt Basel und deren geringes ländliches Umfeld im Kanton die Versorgungssituation im Ersten Weltkrieg, als Grenzen geschlossen und die Warenein- und -ausfuhr national – bzw. auch von den Agenturen der Entente und Deutschlands – und lokal kontrolliert wurden. Deshalb sieht die Autorin ihren Untersuchungsgegenstand angesiedelt an einer „Schnittstelle zwischen Weltgeschehen, dem Bedürfnis der lokalen Bevölkerung und den politischen Maßnahmen der neutralen Landesregierung“ (S. 25). Die Autorin untersucht die Lebensmittelversorgung entlang dreier zentraler Themen. 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Die Schlussphase des Krieges sei schließlich von einer tiefgreifenden Versorgungs- und Ernährungskrise beherrscht gewesen (S. 315). Von diesen Phasen abweichend hätten sich allerdings, so Meier, die Krisenwahrnehmung der Bevölkerung und die Lebensmittelpolitik entwickelt. Anfänglich habe es lange gedauert, bis der Kanton Basel-Stadt und der Bund ein Eingreifen als notwendig einschätzten und schließlich zu (effektiveren) Maßnahmen griffen. Als Hinderungsgründe für eine raschere Reaktion sieht sie die föderalistische Struktur in Befugnissen, die den kantonalen Bedürfnissen entsprechende Maßnahmen verzögerten, sowie die „Klassengesellschaft“ (S. 316). Diese sei gestützt worden durch das Notrecht, in dem nur wenige Kreise überhaupt in politische Prozesse einbezogen waren. Insbesondere betont sie den nachhaltigen Ausschluss der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften. Erst mit der deutlichen Verschlechterung der Versorgungssituation im Winter 1916/17 habe der Bundesrat – allerdings „chaotisch und unkoordiniert“ (S. 316) – Schritte in Richtung Sozial- und Fürsorgestaat unternommen, die dann in die Kontingentierung und die Notstandsaktion mündeten. Die nun getroffenen Entscheidungen bedeuteten gleichzeitig aber auch eine Einengung des Handlungsspielraums von Kanton und Stadt, die nun eher zu Vollzugsorganen des Bundes wurden. Nicht unwesentlich für behördliche Schritte sei die jeweils krisenhaft sich verschärfende soziale Unrast gewesen. Meiers Arbeit eröffnet Einsichten in unterschiedlichster Hinsicht, die hier zwar nicht alle, aber zumindest vereinzelt kurz beleuchtet werden sollen. So berichtet sie etwa davon, dass und wie sich die mangelhafte Lebensmittelversorgung in der körperlichen Verfassung der Bevölkerung niederschlug: so in den Durchschnittswerten für das Geburtsgewicht, im Wachstum von Knaben und der Größe der Erwachsenen. Sie zeigt aber auch, dass die Entbehrungen das städtische Zusammenleben strapazierten, sodass es auch zu Feindbildproduktionen kam, etwa einer „Wucherpsychose“, die auch einen antisemitischen Einschlag hatte (S. 218–225). Außerdem diskutiert sie im Schlussteil die Frage, inwiefern die ungenügende Lebensmittelversorgung ein Faktor für den Landesstreik war – eine Frage, die durchaus kontrovers diskutiert wird. Dafür fragt sie nach den schichtspezifischen Auswirkungen. Sie stellt fest, dass die ärmsten Teile der Bevölkerung zwar Mangel litten, aber auch am kontinuierlichsten unterstützt wurden. Es sei insbesondere der Mittelstand gewesen, der lange keine Unterstützungsberechtigungen und gleichzeitig Abstiegsängste besaß, was ihn verunsicherte und mit seiner Existenz grundlegend unzufrieden werden ließ. Die vielschichtig interpretierten Ergebnisse machen die Studie für ganz unterschiedliche Fragestellungen interessant und anregend. Meier hat mit einem klar strukturierenden Blick die Thematik in einen überzeugenden Aufbau überführt. Es entsteht ein reichhaltiges und vielseitig interpretiertes Bild der Lebensmittelpolitik im Kräftefeld unterschiedlichster Interessen und einer durch die Kriegsverhältnisse stark belasteten Bevölkerung. Anmerkungen: [1] Vgl. „Die Schweiz im Ersten Weltkrieg: Transnationale Perspektiven auf einen Kleinstaat im totalen Krieg. Sinergia 141906“, in: P3, SNF-Forschungsdatenbank: (10.06.2017). Aus diesem Projekt sind weitere fünf Dissertationsschriften entstanden, vgl. die Reihe: Die Schweiz im Ersten Weltkrieg (besucht am 05.08.2021). [2] Für Zürich erschienen u.a. Ismael Albertin, Die Massnahmen des Zürcher Stadtrats zur Verbesserung der Lebensmittelversorgung 1914–1921, in: Daniel Krämer / Christian Pfister / Daniel Marc Segesser (Hrsg.), „Woche für Woche neue Preisaufschläge“. Nahrungsmittel-, Energie- und Ressourcenkonflikte in der Schweiz des Ersten Weltkrieges, Basel 2016, S. 211–233; Gertrud Schmid-Weiss, Schweizer Kriegsnothilfe im Ersten Weltkrieg. Eine Mikrogeschichte des materiellen Überlebens mit besonderer Sicht auf Stadt und Kanton Zürich, Köln 2019 (Zürcher Beiträge zur Geschichtswissenschaft, Bd. 10). [3] Roman Rossfeld / Tobias Straumann, Zwischen den Fronten oder an allen Fronten? Eine Einführung, in: Dies. (Hrsg.), Der vergessene Wirtschaftskrieg. Schweizer Unternehmen im Ersten Weltkrieg, Zürich 2008, S. 11–59, hier S. 23–2; Juri Auderset / Peter Moser, Die Agrarfrage in der Industriegesellschaft. Wissenskulturen, Machtverhältnisse und natürliche Ressourcen in der agrarisch-industriellen Wissensgesellschaft (1850–1950), Wien 2018, hier S. 134–136." 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M. Meier: Von Notstand und Wohlstand

Cover
Titel
Von Notstand und Wohlstand. Die Basler Lebensmittelversorgung im Krieg, 1914–1918


Autor(en)
Meier, Maria
Reihe
Die Schweiz im Ersten Weltkrieg 6
Erschienen
Zürich 2020: Chronos Verlag
Anzahl Seiten
349 S.
Preis
€ 58,00
von
Gertrud Schmid-Weiss

Wie später im Zweiten, wurde die Schweiz auch im Ersten Weltkrieg nicht unmittelbar in kriegerische Auseinandersetzungen involviert. Doch wirkten sich gestörte Handelsbeziehungen mit dem Ausland in vielen Bereichen auf den Schweizer Alltag aus. So erwies sich auch die Lebensmittelversorgung als zunehmend schwierig. Für den peripher gelegenen Stadtkanton Basel mit seinem lediglich marginalen Landwirtschaftsanteil wirkte sich der eingeschränkte oder gar unterbrochene Zugang zu Agrarerzeugnissen des angrenzenden Auslandes besonders gravierend aus. Wie überall in der Schweiz standen die Behörden vor einer unübersichtlichen Aufgabe. Einerseits konnte niemand eine vierjährige Kriegsdauer absehen und anderseits erwiesen sich die Anliegen und Ansprüche von Städtern und der Bauernschaft oft als gegensätzlich.

Dieser Problematik der erschwerten Beschaffung von Nahrungsmitteln und deren möglichst gerechten und günstigen Verteilung an die Bevölkerung verpflichtet sich die kürzlich von der Universität Luzern angenommene Dissertation von Maria Meier. Die Studie ist Teil eines Sinergia-Projektes der Universitäten Bern, Genf, Luzern und Zürich zum Zentenar des Kriegsbeginns 1914.

Meiers Forschungsbereich ist komplex, sie grenzt ihn auf die Frage ein, wie sich der Mangel an Nahrungsmitteln auf den Alltag der Menschen auswirkte – und dies aus der Perspektive einer städtischen Gesellschaft. Im Weiteren richtet sich ihr Interesse auf die Auswirkungen der Ernährungskonflikte auf das soziale Leben. Antworten auf diese Fragestellungen gibt Meier in den drei Hauptkapiteln über die Beschaffung von Lebensmitteln, den Lebensmittelmarkt und die stützenden staatlichen Massnahmen wie Massenspeisungen und die Notstandsaktion. Weitere soziale Stützmassnahmen wie etwa individuelle monetäre Fürsorgebeiträge, Militärunterstützung für Angehörige von Wehrpflichtigen oder Mietzinsbeihilfe stehen nicht im Fokusbereich der Fragestellung und werden von der Autorin nicht thematisiert.

Nach den beiden kurzen einführenden Kapiteln gibt das dritte Kapitel Einblick in die Aktivitäten der Behörden zwecks Lebensmittelbeschaffung. Als naheliegende Sofortmassnahme erliess der mit Generalvollmacht ausgestattete Bundesrat ein Ausfuhrverbot für Getreide. Meier beschreibt, wie die kantonalen Entscheidungsträger Vorräte verwalteten und dem Schmuggelwesen entgegenzutreten versuchten. Zur Verbesserung der Versorgungslage ordneten die Behörden 1917 den zusätzlichen Anbau von Kartoffeln und Gemüse an, überall dort, wo im Stadtkanton etwas Grünfläche vorhanden war. Der hierfür von der Autorin verwendete Begriff «Anbauschlacht» (S. 105) irritiert, denn dieser Terminus gehört zum kollektiven Gedächtnis des Zweiten Weltkriegs. Dies erklärt Meier denn auch auf Seite 115 in einer Fussnote.

Als grösstes Alltagsproblem nennt Meier in Kapitel vier die Teuerung. Diese hatte ihre Ursache nicht allein in der Einfuhrunsicherheit und dem daraus entstandenen Mangel an Lebensmitteln. Sie wurde auch durch Hamsterei und Spekulation angetrieben. Um dieser künstlichen Preissteigerung entgegenzuwirken, erliess der Bundesrat bereits in den ersten Kriegstagen eine Verordnung gegen Wuchergeschäfte und Hamsterkäufe. Meier zeigt im Folgenden auf, wie Produzenten und Händler versuchten, die Verordnung zu umgehen und wie Ämter und Beamte zum Beispiel mit der Festsetzung von Höchstpreisen gegensteuerten. Für sie galt es – so Meier – den Mangel zu verwalten (S. 181).

Je länger der Krieg dauerte, umso mehr Menschen gerieten in finanzielle Bedrängnis. «Massenspeisungen», so die damalige Benennung, und die staatliche Notstandsaktion deutet Meier im fünften Kapitel aus. Massenspeisungen war der Überbegriff für staatlich subventionierte, öffentlich zugängliche Esslokale. Die preisgünstige Abgabe von Suppen und Mahlzeiten sollte eine ausgewogene Ernährung der Bevölkerung garantieren. Detailreich gibt die Autorin Einblick in den Aufbau und den Betrieb solcher Einrichtungen. Die staatliche Notstandsaktion hingegen war individuell und zielte darauf ab, unverschuldet in Not geratenen Personen mit Barbeträgen oder Gutscheinen zu helfen.

Die Erkenntnisse von Meier beruhen auf umfassender Quellenarbeit, schwerpunktmässig im Staatsarchiv Basel-Stadt. Man erkennt, dass nicht allein die Beschaffung von Nahrungsmitteln schwierig war, sondern dass auch divergierende Auffassungen über Vorgehensweisen und die Notwendigkeit von Stützmassnahmen bestanden. Zitierte und paraphrasierte Akteninhalte lassen Leserinnen und Leser die Schwierigkeiten von Behörden – eine Auflistung der wichtigsten Ämter würde die Übersicht erleichtern – und die Nöte der mittleren und unteren Einkommensgruppen nachvollziehen. Eine Familie mit mittlerem Angestellteneinkommen konnte die enorme Teuerung gerade noch knapp verkraften. Die Arbeiterschaft jedoch musste schon in normalen Zeiten mehr als die Hälfte ihrer Entlöhnung für Lebensmittel aufwenden. Für sie wurden die bis Kriegsende auf mehr als das Doppelte gestiegenen Lebenshaltungskosten zur Existenzfrage, oft verbunden mit dem Empfinden, ungerecht behandelt zu werden.

Maria Meier erläutert in ihrer Dissertation auf mikrogeschichtlicher Ebene die amtlichen Strukturen sowie unter Beizug von Ego-Dokumenten die Lebenssituation der Bevölkerung. Mit diesem Ansatz verknüpft sie Wirtschafts-, Sozial- und Alltagsgeschichte zu einem eindrücklichen Ganzen. Der schnörkellose, gut verständliche Text sowie die ausgezeichnete Leserführung machen die sehr informative Studie überaus lesenswert.

Zitierweise:
Schmid-Weiss, Gertrud: Rezension zu: Meier, Maria: Von Notstand und Wohlstand. Die Basler Lebensmittelversorgung im Krieg, 1914–1918, Zürich 2020. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 71 (3), 2021, S. 558-560. Online: <https://doi.org/10.24894/2296-6013.00093>.

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