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Jahrhunderts und fragt, wie Stadtzerstörungen als geschichtsträchtige Momente konstruiert, sinngebend gedeutet und in das zu vermittelnde Weltbild eingeordnet wurden. Sie geht damit auch der Rolle der Stadtchronistik in der Überlieferung von Katastrophen nach. Die Dissertationsschrift entstand im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunktes «Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen. Historische Perspektiven» und wurde 2017 an der Universität Zürich verteidigt. Schulte konzentriert sich auf die Vermittlung von durch Brand-, Hochwasser- und Erdbebenkatastrophen zerstörten Städten. Sie verwendet den Begriff der Katastrophe dabei als Analysekategorie für «mehrdimensionale, soziale Phänomene» (S. 14), welche plötzlich eintreffen und tiefgreifende Veränderungen der Lebenswelt mit sich bringen. Die damit einhergehende Kontingenzerfahrung benötigt eine sinnstiftende Integration in die bereits vorhandene Geschichtsvorstellung. Der Fokus auf Stadtzerstörungen aus dem eidgenössischen Raum ergibt sich dabei aus dem inhaltlichen Schwerpunkt der Bilderchroniken. Aufgrund ihrer besonders hohen Anzahl von Zerstörungsabbildungen betrachtet Schulte vor allem die Werke von Diebold Schilling d. Ä., Diebold Schilling d. J., Werner Schodoler und Christoph Silberysen, allesamt handschriftliche Werke, sowie die gedruckten Chroniken von Johannes Stumpf und Christian Wurstisen. Die Arbeit gliedert sich in drei Teile. Im ersten Hauptkapitel stellt Schulte ihre Quellen und deren Funktionsweisen vor. Sie formuliert grundsätzliche Beobachtungen zur Interaktion von Text und Bild, verfolgt die Abhängigkeiten der Werke voneinander sowie die Tradierung von Katastrophen in der Geschichtsschreibung und betont die Rolle der Bilderchroniken innerhalb des kollektiven Erinnerungsprozesses. Sie zeigt dies exemplarisch anhand des Basler Erdbebens von 1356 auf, dessen Stellung als zentrales Ereignis der Basler Stadtgeschichte mehr als 200 Jahre später in Christian Wurstisens Chronik gefestigt wurde. Im zweiten Teil widmet sich Schulte dem Stellenwert und den Typen von Katastrophen in den Bilderchroniken und erarbeitet die spezifischen Vermittlungsstrategien ihrer Quellen im Umgang mit Stadtzerstörungen. Die Erwähnung von Katastrophen nahm in den gedruckten Chroniken des 16. Jahrhunderts zu, sie schilderten sie aber weniger detailliert als die Werke des 15. Jahrhunderts. Eine differenzierte Begründung dafür liefert die Autorin nicht. Stadtbrände wurden besonders häufig wiedergegeben, so bewertete beispielsweise die Berner Chronistik den grossen Brand von 1405 als ein stadtgeschichtliches Schlüsselereignis und gab ihm entsprechend viel Raum. Im 16. Jahrhundert nahmen dann auch die Erwähnungen von Erbeben und Hochwasser zu. Extreme Wetterphänomene wie Hagelunwetter wurden dagegen nur in Ausnahmefällen festgehalten. Die Zerstörung einer Stadt durch Krieg sieht die Autorin im Kontext ihrer Quellen nicht als Katastrophenbericht an. Dies weil Kriegsberichte – Hauptthema in allen Bilderchroniken – meistens aus der Perspektive des Siegers im Sinne eines gerechten Krieges erzählt und dafür andere Vermittlungsstrategien verwendet wurden. Die Autorin arbeitet vier Vermittlungsstrategien für Katastrophenereignisse heraus, die sie anhand von repräsentativen Beispielen ausführlich vorstellt. Die diskutierten Bilder sind durch Abzüge zugänglich gemacht. Zu den Vermittlungsstrategien gehört das Erzeugen von Aufmerksamkeit, beispielsweise durch die Verbildlichung des Ereignisses und durch die Wiederverwendung topischer Bildelemente wie etwa abknickende Türme bei Erdbeben. Weiter sind die Verortung der Katastrophe in Zeit und Raum, eine dramatisierende Katastrophenrhetorik und die Emotionalisierung der Ereignisse zentrale und wiederkehrende Vermittlungsstrategien. Der dritte Teil analysiert, wie Katastrophen interpretiert und sinnstiftend in das vorhandene Narrativ eingeordnet wurden. Da Katastrophen gemäss Schulte zum Bruch der stabilen Ordnung führten, bedurfte es einer besonderen Sinnstiftung, um ebendiese wiederherzustellen. Neben den zu erwartenden Sinngebungen durch göttliche Einwirkung, und bei Brandkatastrophen der Suche nach menschlichen Verursachern, erarbeitet die Autorin die wichtige Funktion, die der Stadtgemeinschaft zugedacht wurde. So wurde gerne gezeigt, wie die Stadtbewohnerinnen und -bewohner die Katastrophe gemeinsam durchlebten, bekämpften und in anschliessenden Prozessionen als Heilsgemeinschaft auftraten. Als besonders sinnstiftend bewertet die Autorin Darstellungen der kommunalen Anstrengung zum Wiederaufbau. Die Kontingenzerfahrung der Katastrophe wurde durch die darauf erfolgte Erfahrung der Wirkmächtigkeit sowie Stabilität der städtischen Gemeinschaft erinnerungswürdig und konnte sinnvoll in das vorhandene Weltbild eingeordnet werden. Es gelingt der Autorin, Aspekte der historischen Katastrophenforschung mit medialen Perspektiven und historiographischen Fragestellungen zu verbinden. Die additive Darstellungsweise macht es der LeserIn teilweise schwer, der Argumentation der Autorin zu folgen, eine stärkere Bewertung der eigenen Ergebnisse wäre wünschenswert gewesen. Insgesamt zeigt die Dissertationsschrift aber einleuchtend auf, wie durch katastrophale Ereignisse herbeigeführte Stadtzerstörungen durch unterschiedliche darstellerische Techniken sinnvoll in das historische Narrativ integriert werden konnten. Zitierweise: Magli, Elena: Rezension zu: Schulte, Daniela: Die zerstörte Stadt. Katastrophen in den schweizerischen Bilderchroniken des 15. und 16. Jahrhunderts, Zürich 2020. Zuerst erschienen in: |http://www.sgg-ssh.ch/de/publikationen/schweizerische-zeitschrift-fuer-geschichte-szg|Schweizerische Zeitschrift für Geschichte| 71 (1), 2021, S. 168-170. Online: ." 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Allen voran stehen die Berner Chronikmanuskripte von Benedicht Tschachtlan (gestorben 1493), Heinrich Dittlinger (gestorben 1479) und Diebold Schilling dem Älteren (gestorben 1486), hinzu kommen die handschriftlichen Werke von Diebold Schilling dem Jüngeren (gestorben 1515), Gerold Edlibach (gestorben 1530), Werner Schodoler (gestorben 1541) und Christoph Silberysen (gestorben 1608), die zudem in Beziehung gesetzt werden zu den illustrierten Drucken von Johannes Stumpf (gestorben 1577/78) und Christian Wurstisen (gestorben 1588). Ein beträchtlicher Quellenkorpus für eine Dissertation (die Chronik von Tschachtlan umfasst allein 1.060 Seiten und 239 kolorierte Federzeichnungen, die Chronik von Stumpf rund 1.650 Seiten und 2.000 Bilder). Die Chroniken stammen zudem aus unterschiedlichen Städten der Eidgenossenschaft. Schultes Untersuchungszeitraum, das 15. und 16. Jahrhundert, ist ebenfalls hervorzuheben. Er erlaubt die Erforschung von Handschriften und Drucken sowie die Effekte der Reformation, die gerade in der Deutung der Welt, wie sie in Chroniken vermittelt werden, Veränderungen bewirkte. Diese Fülle an Quellen und Themen in einer bewegten Zeit lässt sich nur durch Auswahl bändigen und so konzentriert sich Schulte auf die Darstellungen von Stadtzerstörungen in Text und Bild. Ausgangspunkt der Autorin ist die Beschreibung des Erdbebens von Basel (1356) durch Stumpf. Daran entzündet sich ihre Grundfrage: Wie wird eine Stadtzerstörung zu einem katastrophalen und damit erinnerungswürdigen Ereignis konstruiert, sodass sie sich derart nachhaltig ins kollektive Gedächtnis der Stadt einschreiben konnte? Als zentrales Medium dieses Prozesses sieht Schulte die Bilderchroniken, in denen Sinnstiftung und Geschichtsbilder in Texten und Illustrationen vermittelt werden. Die Arbeit ist in drei ausgewogene Großkapitel unterteilt (Kapitel 2–4). In Kapitel 2 stehen die Entwicklung der Bilderchroniken und ihre Funktionen im Fokus; dabei wird der Schwerpunkt auf die Erzählkonzeption von Stadtzerstörungen gelegt, die Chroniken werden vorgestellt und Abhängigkeiten deutlich gemacht. Kapitel 3 fragt danach, mit welchem medialen Repertoire Stadtzerstörungen als Katastrophen innerhalb der Chroniken visuell und textuell inszeniert wurden. Mit dem Komplex der Sinngebung innerhalb der Chroniken mittels Narrativen beschäftigt sich Kapitel 4. Dahinter steht der Gedanke, dass Katastrophen als kontingente Extremereignisse, die Lebenswelt der Menschen verändern und grundsätzlich erklärungs- und sinnbedürftig sind.[1] Schultes Ansatzpunkt im zweiten Kapitel ist die Funktion von Geschichtsschreibung innerhalb der Stadt. Sie setzt an der Forschung zur Erinnerung und Identität der städtischen Eliten an, als deren Ausdrucksmöglichkeit sie die repräsentativen Bilderchroniken interpretiert. Die Chroniken waren in Privatbesitz oder im Ratsarchiv und deshalb nur für einen exklusiven Kreis zugänglich. Sie verbinden in diesem Sinne mehr die Eliten der unterschiedlichen Städte miteinander als die verschiedenen sozialen Gruppen innerhalb einer Stadt. Die verwendeten Begriffe „Oberschicht“, „Führungsschicht“ und „Ratsschicht“ werden nicht näher definiert. Für den/die Sozialhistoriker/in bleiben an dieser Stelle offene Fragen, zumal die gedruckten Chroniken den Kreis der Rezipient/innen um ein Vielfaches erhöht und sich die Frage anknüpft, wessen Auffassung von Geschichte im Folgenden untersucht und miteinander verglichen wird. Schulte geht es jedoch nicht nur um die Konstruktion von Erinnerung und Identität, sondern auch um die Generierung und Tradierung von historischem Wissen. Daraus folgt eine große Stärke der Arbeit: Schulte untersucht Beschreibungen von Stadtzerstörungen in zeitlicher und räumlicher Perspektive, um so Veränderungsprozesse deutlich machen zu können. So zeigt sie, wie eng die Chroniken zusammenhängen und dass Transferprozesse zwischen Konvention und Innovation bzw. Variation zu beschreiben sind. Hervorzuheben ist das Teilkapitel zum Erdbeben von Basel (S. 69–86) als detaillierte Tiefenbohrung, die in der Frage nach der Herkunft von Text und Bild weit über den Untersuchungskorpus hinausgeht. Schulte bindet für die Analyse verschiedene Auflagen der Drucke sowie Übersetzungen ebenso mit ein, wie andere Werke (etwa die Schedelsche Weltchronik). An dem Beispiel zeigt sie, wie Geschichtsbilder tradiert, verändert und schließlich festgeschrieben wurden und dennoch Deutungsmöglichkeiten für die jeweils eigene Gegenwart offenließen. Außerdem wird gezeigt, welche Medien bei der Entstehung ineinandergriffen (von der gedruckten Chronik bis hin zum mündlichen Merkvers). Im dritten Kapitel arbeitet die Autorin die Mittel heraus, die eingesetzt wurden, um eine Stadtzerstörung als katastrophales Ereignis zu konstruieren. Dafür analysiert sie die einzelnen Gründe für die Zerstörung und deren Darstellungen in den Bilderchroniken. Das Erdbeben zeigt sich als interessantes Beispiel, da dort im Gegensatz zum Feuer und Hochwasser für die Bilder erst eine Darstellungsart gefunden werden musste; schließlich zeigte sich Sebastian Münsters Cosmographia als formgebend. Für die textliche Darstellung wählten die Chronisten neben der Verortung des Geschehens in Zeit und Raum eine spezifische Katastrophenrhetorik (Dramatik des Ereignisses, negative Bewertung der Folgen, Betroffenheit von Menschen). Zudem erfolgten Wertungen besonders durch Emotionalisierung. Schulte legt folglich über die Erzählungen ein Schema der Narratologie und ihre Argumentation ist durchaus nachvollziehbar. Zur Bewertung der Darstellung von Stadtzerstörungen als Katastrophen wären allerdings Beispiele aus anderen Bereichen zur Kontrastierung hilfreich gewesen. So bleibt die Frage nach der Exzeptionalität der Erzählungen offen. Unklar ist, warum die Autorin neben Feuer, Hochwasser und Erdbeben dem Hagel ein eigenes Teilkapitel widmet. Hagelschäden finden weder in den Bildern der Chroniken noch in der weiteren Analyse ihren Platz. Ebenso wird dem Krieg als mögliche Ursache von Stadtzerstörungen ein Unterkapitel gegeben, worin sie erklärt, warum Kriegszerstörungen nicht unter Katastrophenereignisse fallen: Eine Stadtzerstörung galt als legitimes Kriegsmittel. So wurden Kriegshandlungen nur als Katastrophe inszeniert, wenn damit eine Illegitimität ausgedrückt werden sollte. Die Idee Kriegszerstörungen herauszunehmen, ist auf der theoretischen und der arbeitsökonomischen Ebene nachvollziehbar. Auf analytischer Ebene ergibt die Unterscheidung nur bedingt Sinn, wie Schulte selbst anhand der Chronik von Stumpf zeigt: Hier wird der Holzschnitt, der die kriegsbedingte Zerstörung Rapperswils (1350) darstellt, für den Stadtbrand von Bern (1405) genutzt. Rezipiert wurde die Abbildung in Silberysens handschriftlicher Chronik, wo sie ebenfalls die Zerstörung von Rapperswils (1350) und einen weiteren Stadtbrand von Bern (1387) visualisiert. So war die Zerstörung durch Krieg und durch Brand mit demselben Repertoire erzählbar. Im vierten Kapitel werden Stadtzerstörungen als ein erklärungsbedürftiger Bruch der aktuellen Ordnung untersucht. Zerstörungen brachten neben Trümmern und Toten soziale Risse mit sich, die in der Betonung der städtischen Gemeinschaft und der Erzählung von wiederhergestellter Ordnung kommunikativ bewältigt wurden. Die städtische Gemeinschaft wird als Schicksals- und Heilsgemeinschaft stilisiert. An dieser Stelle hätte den sozialen Gruppen, innerhalb derer die Chroniken entstanden und rezipiert wurden, aus analytischen Gründen mehr Beachtung geschenkt werden können. Die handschriftlichen Bilderchroniken sind Schrifttum der Führungseliten und vermitteln deren Geschichtsbild. 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Anmerkung: [1] Definition nach Jan Dietrich, Katastrophen im Altertum aus kulturanthropologischer und kulturphilosophischer Perspektive, in: Angelika Berlejung (Hrsg.): Disaster and Relief Management. Katastrophen und ihre Bewältigung, Tübingen 2012, S. 85–116." 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Schulte: Die zerstörte Stadt | infoclio - Rezensionen

D. Schulte: Die zerstörte Stadt

Cover
Titel
Die zerstörte Stadt. Katastrophen in den schweizerischen Bilderchroniken des 15. und 16. Jahrhunderts


Autor(en)
Schulte, Daniela
Reihe
Medienwandel - Medienwechsel - Medienwissen 41
Erschienen
Zürich 2020: Chronos Verlag
Preis
CHF 48.00; EUR 48.00
von
Elena Magli

Katastrophenerzählungen waren ein wiederkehrendes Thema städtischer Geschichtsschreibung, und dies obwohl sie in einem Spannungsverhältnis zum bevorzugten Weltbild historischer Stabilität und Ordnung standen. Daniela Schulte analysiert dieses Spannungsverhältnis anhand der Schweizer Bilderchroniken des 15. und 16. Jahrhunderts und fragt, wie Stadtzerstörungen als geschichtsträchtige Momente konstruiert, sinngebend gedeutet und in das zu vermittelnde Weltbild eingeordnet wurden. Sie geht damit auch der Rolle der Stadtchronistik in der Überlieferung von Katastrophen nach. Die Dissertationsschrift entstand im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunktes «Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen. Historische Perspektiven» und wurde 2017 an der Universität Zürich verteidigt.

Schulte konzentriert sich auf die Vermittlung von durch Brand-, Hochwasser- und Erdbebenkatastrophen zerstörten Städten. Sie verwendet den Begriff der Katastrophe dabei als Analysekategorie für «mehrdimensionale, soziale Phänomene» (S. 14), welche plötzlich eintreffen und tiefgreifende Veränderungen der Lebenswelt mit sich bringen. Die damit einhergehende Kontingenzerfahrung benötigt eine sinnstiftende Integration in die bereits vorhandene Geschichtsvorstellung. Der Fokus auf Stadtzerstörungen aus dem eidgenössischen Raum ergibt sich dabei aus dem inhaltlichen Schwerpunkt der Bilderchroniken. Aufgrund ihrer besonders hohen Anzahl von Zerstörungsabbildungen betrachtet Schulte vor allem die Werke von Diebold Schilling d. Ä., Diebold Schilling d. J., Werner Schodoler und Christoph Silberysen, allesamt handschriftliche Werke, sowie die gedruckten Chroniken von Johannes Stumpf und Christian Wurstisen.

Die Arbeit gliedert sich in drei Teile. Im ersten Hauptkapitel stellt Schulte ihre Quellen und deren Funktionsweisen vor. Sie formuliert grundsätzliche Beobachtungen zur Interaktion von Text und Bild, verfolgt die Abhängigkeiten der Werke voneinander sowie die Tradierung von Katastrophen in der Geschichtsschreibung und betont die Rolle der Bilderchroniken innerhalb des kollektiven Erinnerungsprozesses. Sie zeigt dies exemplarisch anhand des Basler Erdbebens von 1356 auf, dessen Stellung als zentrales Ereignis der Basler Stadtgeschichte mehr als 200 Jahre später in Christian Wurstisens Chronik gefestigt wurde.

Im zweiten Teil widmet sich Schulte dem Stellenwert und den Typen von Katastrophen in den Bilderchroniken und erarbeitet die spezifischen Vermittlungsstrategien ihrer Quellen im Umgang mit Stadtzerstörungen. Die Erwähnung von Katastrophen nahm in den gedruckten Chroniken des 16. Jahrhunderts zu, sie schilderten sie aber weniger detailliert als die Werke des 15. Jahrhunderts. Eine differenzierte Begründung dafür liefert die Autorin nicht. Stadtbrände wurden besonders häufig wiedergegeben, so bewertete beispielsweise die Berner Chronistik den grossen Brand von 1405 als ein stadtgeschichtliches Schlüsselereignis und gab ihm entsprechend viel Raum. Im 16. Jahrhundert nahmen dann auch die Erwähnungen von Erbeben und Hochwasser zu. Extreme Wetterphänomene wie Hagelunwetter wurden dagegen nur in Ausnahmefällen festgehalten. Die Zerstörung einer Stadt durch Krieg sieht die Autorin im Kontext ihrer Quellen nicht als Katastrophenbericht an. Dies weil Kriegsberichte – Hauptthema in allen Bilderchroniken – meistens aus der Perspektive des Siegers im Sinne eines gerechten Krieges erzählt und dafür andere Vermittlungsstrategien verwendet wurden.

Die Autorin arbeitet vier Vermittlungsstrategien für Katastrophenereignisse heraus, die sie anhand von repräsentativen Beispielen ausführlich vorstellt. Die diskutierten Bilder sind durch Abzüge zugänglich gemacht. Zu den Vermittlungsstrategien gehört das Erzeugen von Aufmerksamkeit, beispielsweise durch die Verbildlichung des Ereignisses und durch die Wiederverwendung topischer Bildelemente wie etwa abknickende Türme bei Erdbeben. Weiter sind die Verortung der Katastrophe in Zeit und Raum, eine dramatisierende Katastrophenrhetorik und die Emotionalisierung der Ereignisse zentrale und wiederkehrende Vermittlungsstrategien.

Der dritte Teil analysiert, wie Katastrophen interpretiert und sinnstiftend in das vorhandene Narrativ eingeordnet wurden. Da Katastrophen gemäss Schulte zum Bruch der stabilen Ordnung führten, bedurfte es einer besonderen Sinnstiftung, um ebendiese wiederherzustellen. Neben den zu erwartenden Sinngebungen durch göttliche Einwirkung, und bei Brandkatastrophen der Suche nach menschlichen Verursachern, erarbeitet die Autorin die wichtige Funktion, die der Stadtgemeinschaft zugedacht wurde. So wurde gerne gezeigt, wie die Stadtbewohnerinnen und -bewohner die Katastrophe gemeinsam durchlebten, bekämpften und in anschliessenden Prozessionen als Heilsgemeinschaft auftraten. Als besonders sinnstiftend bewertet die Autorin Darstellungen der kommunalen Anstrengung zum Wiederaufbau. Die Kontingenzerfahrung der Katastrophe wurde durch die darauf erfolgte Erfahrung der Wirkmächtigkeit sowie Stabilität der städtischen Gemeinschaft erinnerungswürdig und konnte sinnvoll in das vorhandene Weltbild eingeordnet werden.

Es gelingt der Autorin, Aspekte der historischen Katastrophenforschung mit medialen Perspektiven und historiographischen Fragestellungen zu verbinden. Die additive Darstellungsweise macht es der LeserIn teilweise schwer, der Argumentation der Autorin zu folgen, eine stärkere Bewertung der eigenen Ergebnisse wäre wünschenswert gewesen. Insgesamt zeigt die Dissertationsschrift aber einleuchtend auf, wie durch katastrophale Ereignisse herbeigeführte Stadtzerstörungen durch unterschiedliche darstellerische Techniken sinnvoll in das historische Narrativ integriert werden konnten.

Zitierweise:
Magli, Elena: Rezension zu: Schulte, Daniela: Die zerstörte Stadt. Katastrophen in den schweizerischen Bilderchroniken des 15. und 16. Jahrhunderts, Zürich 2020. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 71 (1), 2021, S. 168-170. Online: <https://doi.org/10.24894/2296-6013.00080>.

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